Klare Kampfansage an Linksextremisten: „Verhaftung von Lina E. war erst der Anfang“
Dirk Münster leitet die „Soko LinX“ in Sachsen. Im Gespräch mit FOCUS Online erklärt der Top-Ermittler, warum der Kampf gegen linke Polit-Extremisten so wichtig, aber auch so schwierig ist. Zugleich verspricht er ein konsequentes Vorgehen der Polizei gegen die Szene. Von gewaltsamen Protesten lasse man sich „nicht einschüchtern“.
Die sächsische Polizei sieht die jüngsten linksextremistischen Gewalttaten in Leipzig an der „Schwelle zum Terrorismus“ und kündigt ein noch härteres Vorgehen gegen die Szene an. „Die Verhaftung von Lina E. war nicht das Ende unseres Kampfes gegen linke Gewalt, sondern erst der Anfang. Ich erwarte noch eine Vielzahl weiterer Verhaftungen“, sagte der Chef der „Soko LinX“, Dirk Münster, zu FOCUS Online.
Die „Soko LinX“ mit rund 25 Ermittlern wurde am 1. Dezember 2019 beim Landeskriminalamt (LKA) Sachsen gegründet – als Reaktion auf die zunehmenden, zum Teil schwersten Straftaten von Linksextremisten in dem ostdeutschen Bundesland.
Verhaftung von Lina E.: Solidarität und Gewaltausbrüche
Erst vor wenigen Tagen war die 25-jährige Studentin Lina E. in Leipzig verhaftet worden. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr unter anderem Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Als „Kommandoführerin“ soll sie an zwei Anschlägen auf ein mutmaßlich von Rechten besuchtes Lokal in Thüringen beteiligt gewesen sein.
Die Verhaftung einer ihrer Führungsfiguren hat in der linksextremistischen Szene zu einer großen Solidarisierungswelle geführt und zum Teil militante Proteste ausgelöst. „Wir haben mit Racheaktionen und Gewaltausbrüchen wegen angeblicher Repressionen des Staates gerechnet, lassen uns davon aber nicht einschüchtern“, so der 48-jährige Münster zu FOCUS Online.
Top-Ermittler Münster: „Wir weichen nicht zurück“
„Wir weichen nicht zurück – im Gegenteil. Von dem Gegenwind, den links entfacht, lassen wir uns nicht beeindrucken“, sagte der Leitende Kriminaldirektor. „Ich kann versichern: Wir werden mit aller Konsequenz gegen die Szene vorgehen und sind fest entschlossen, alle Täter um Lina E. zu ermitteln.“ Es handele sich um eine „größere Gruppe, die den politischen Gegner mit massivsten Gewaltstraftaten überzogen“ habe. Münster: „Ich gehe davon aus, dass früher oder später alle Mitglieder dieser Gruppe der Justiz überstellt werden.“
Im Gespräch mit FOCUS Online erklärte der Top-Polizist weiter, dass die Zahl linksextremistischer Gewaltstraftaten in Sachsen in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe: „Insbesondere im Bereich Leipzig verzeichnen wir einen besorgniserregenden Anstieg teilweise schwerster Gewaltdelikte, die wir eindeutig der politisch motivierten Kriminalität von links zuordnen.“
Aktuelle Polizeibilanz: 150 Gewalttaten von links, 54 von rechts
Münster weiter: „Mittlerweile ist es so, dass die Zahl linker Gewalttaten in Sachsen deutlich höher ist als die Zahl der rechten Gewalttaten.“ So habe die Polizei im Jahr 2019 insgesamt 119 Gewaltdelikte von links registriert, von rechts waren es 70. Im laufenden Jahr 2020 hat sich dieser Trend Münster zufolge noch einmal verstärkt. So seien bis Ende Oktober in Sachsen 150 linke Gewaltdelikte gezählt worden, von rechts 54.
Auffällig sei, dass die Delikte von links immer schwerer würden. „Die Täter gehen gezielter und hemmungsloser vor. Inzwischen ist es nur noch vom Zufall abhängig, ob ein Opfer zu Tode kommt. Diese Aussage hätte man vor zehn Jahren so noch nicht getroffen“, so Münster zu FOCUS Online. „Mit den Brandanschlägen in Leipzig, aber auch den Angriffen auf politische Gegner, Mitarbeiter von Immobilienbüros und Polizisten bewegen sich die Täter an der Schwelle zum Terrorismus.“
„Täter bewegen sich an der Schwelle zum Terrorismus“
Münster bestätigte, dass die polizeilichen Ermittlungen im linksextremistischen Milieu schwierig seien. „Wir beobachten, dass sich linksextremistische Kleingruppen bilden, die schwerste Straftaten planen und begehen. Das sind gut organisierte, klandestine Gruppen, die arbeitsteilig und koordiniert operieren. Wir als Polizei tun uns schwer damit, in solche Gruppen einzudringen und sie zu durchleuchten.“
Hinzu komme, dass die Szene taktisch und strategisch durchaus geschickt vorgehe. „Wenn die von langer Hand einen Brandanschlag vorbereiten, treffen sie alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen. Die schalten ihre Handys aus, benutzen Wechselkleidung, setzen Videoüberwachungsanlagen außer Betrieb, hinterlassen so gut wie keine Spuren. Das macht es für uns nicht gerade einfach.“
100.000 Euro für Hinweise ausgelobt – doch keine Reaktion
Selbst mit ungewöhnlich hohen Belohnungen für Hinweise zur Aufklärung von linksextremistischen Straftaten komme die Polizei nicht weiter. „Wir haben 100.000 Euro ausgelobt für Hinweise zu einem Brandanschlag in Leipzig – und bisher keine nennenswerte Reaktion bekommen“, so Münster. Das zeige, wie dicht die Szene halte. Er wolle auch nicht ausschließen, dass Zeugen bedroht oder eingeschüchtert werden, damit sie keine Aussage bei der Polizei machen, so Münster. Allerdings zeigten Fahndungserfolge wie jüngst im Fall von Lina E.: „Jeder, mag er noch so schlau sein, macht irgendwann einen Fehler.“
Gegenüber FOCUS Online betonte der Chef der „Soko LinX“, dass der Kampf gegen den Linksextremismus keine Aufgabe sei, die allein von der Polizei gelöst werden könne. „Wir gehen nur gegen die Auswüchse dieser Fehlentwicklung vor. Dafür werden unsere Beamten angefeindet, körperlich angegriffen und sogar in Lebensgefahr gebracht. Das ist nicht länger akzeptabel!“
Polizei: Linke Positionen okay, aber es gibt eine „rote Linie“
Um die Gewalt von links einzudämmen brauche es die gesamte Gesellschaft, so Münster, „also Politik, Medien und Bürger“. Alle Beteiligten sollten klar und deutlich sagen, dass der Einsatz für linke Positionen wie Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit „absolut in Ordnung“ sei. „Aber es gibt eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf“, so Münster, „nämlich die Linie zu Straftaten“.
passiert am 17.11.2020