[HH] Grußwort vom Parkbank-Solikreis nach Berlin – immernoch verabredet!
Am Montag, den 27. Mai beginnt in der Berlin ein Prozess ggen zwei Anarchist*innen, denen die „Verabredung zu einem Verbrechen“ vorgeworfen wird.
Infos zum Verfahren, den Terminen etc findet ihr unter verabredet.noblogs.org
Hier dokumentiert ein Grußwort des Solikreises, der sich um das sogenannte „Parkbank-Verfahren“ in Hamburg gebildet hat:
Hallo von uns, wir schreiben euch heute als Solikreis des Parkbankverfahrens, das 2020 in Hamburg stattgefunden hat. Zum einen um euch solidarische Grüße und viel Kraft zu schicken und zum anderen, um euch an unseren eigenen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Es geht uns dabei nicht darum, euch zu erzählen wie es läuft, sondern um vor allem zu zeigen, dass ihr nicht alleine seid, dass wir ähnliche Erfahrungen gemacht haben und denken, dass das Teilen davon dazu führen kann dass Dinge sich nicht mehr ganz so groß und aussichtslos anfühlen.
Dabei ist es uns wichtig nochmal festzuhalten, dass Anspruch und Realität oft auseinander gehen, wir machen Fehler, Sachen fühlen sich oft anders als in unserer Idealvorstellung, auch wenn wir gerne hätten, dass Repression, Cops und Justiz uns nichts anhaben können.
Auch wir kennen den Verabredungs-Paragraphen aus unserem Verfahren, wo er benutzt wurde, um Menschen zu kriminalisieren für eine Tat, die angeblich geplant wurde, aber nie stattgefunden hat. Diese besondere Form der Vorverlagerung von Kriminalisierung in Kombination mit Observationen und anderen Maßnahmen in Zusammenhang mit sogenannter Gefahrenabwehr lässt freie Hand, eine beliebige Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die gut in das gerade politisch gewollte Narrativ passt. Das ist ein Phänomen, das in den letzten Jahren offensichtlich wieder häufiger benutzt wird, gerade in Bezug auf anti-autoritäre Strukturen und direkte Aktionen. Diese Spekulationen werden oft auch noch von der Presse unterstützt, die ihre Informationen von den Bullen haben und sich liebend gerne an der Ausschmückung des Konstrukts beteiligen. Wir haben gut daran getan, keinen Wert darauf zu legen, was sie schreiben, und uns nicht zu sehr daran abzuarbeiten – eben weil der Paragraph die Möglichkeit bietet, sich alles mögliche auszudenken. Natürlich ist es ein Schock, wenn plötzlich eine reißerische Geschichte auftaucht, mit Klarnamen der Beschuldigten und verzerrten, tendenziösen Darstellungen unserer Engsten. Klar haben wir uns gefragt, wer das alles liest, Familie, Arbeitgeber*in, usw. und was das dann bedeutet. Trotzdem hat sich im Nachhinein gezeigt, dass diese Stimmungsmache genau in die gleiche Kerbe schlagen soll wie die Repression: Zusammenhänge spalten, Menschen isolieren, Angst schüren, uns lähmen… Für uns war ein offener, kollektiver Umgang, in dem die unterschiedlichsten Gefühle Platz hatten und wir füreinander da waren, total wichtig, um der vereinzelnden Angst etwas entgegenzusetzen und uns zusammen wieder stark zu fühlen. Und natürlich wissen wir, dass es schwer sein kann, sich davon nicht verrückt machen zu lassen, aber wir können aus eigener Erfahrung sagen, dass es ein um sich kümmern und füreinander da sein im Inneren braucht, um nach außen hin kämpferisch sein zu können.
Unsere Erfahrung von Solidarität hat gezeigt, dass auch eine kämpferische, solidarische Bezugnahme in unserem Verfahren total wichtig war, um zu zeigen, dass wir damit nicht alleine sind. Sie ist Ausdruck davon, dass der Satz „Getroffen hat es einzelne, gemeint sind wir alle.“ keine hohle Phrase ist, sondern gelebte Praxis. Zu spüren und zu sehen, dass wir nicht alleine sind, dass Kämpfe weitergeführt werden, gibt Kraft. So ein Gerichtsprozess ist nie einfach, auch für uns war diese Zeit sehr belastend. Neben gelebter Solidarität haben wir darin die Erfahrung gemacht, dass es wichtig war, bei uns und unseren eigenen Ideen zu bleiben, um gut durchzukommen.
In diesem Sinne ein Appell an alle: zeigt euch solidarisch, bezieht euch auf das Verfahren, unterstützt die Betroffenen, auf welche Weise auch immer – es macht einen Unterschied und kann dem, was Repression mit uns machen soll, etwas entgegensetzen.
Eine revolutionäre Solidarität als Praxis, auf die sich verschiedene Leute beziehen können, ist ein Ansatz, die, die vor Gericht stehen, nicht zu individualisieren. Denn hier geht es um zwei Gefährt*innen, die genauso gut wir sein könnten und um eine vermeintliche Aktion, auf die im Kontext von sozialen und revolutionären Kämpfen noch viele weitere folgen werden. Was hier angegriffen wird, sind widerständige Ideen und direkte Aktionen, welche wir gemeinsam umso mehr verteidigen müssen!
Wir senden solidarische Grüße aus Hamburg,
Freiheit für alle Untergetauchten und Gefangenen
P.S.: Nach dem Prozess ist vor dem Prozess… Am Ende ein kurzes Update von uns: Die Revision im „Parkbank-Verfahren“ geht in die nächste Runde. Eine von uns muss im Juli 2024 nochmal für ein paar Termine vor Gericht in denen noch einmal über Bewährung oder Haft entschieden wird.