Eure Drohnen töten!
Ein Blick in die Nachrichten reicht aus um zu sehen, dass die heutige Welt eine Welt der Kriege ist. Zuvorderst wegen Ressourcen, Machterhalt und – erweiterung und weil das gegenseitige Abschlachten zum patriarchalen Weltbild der Herrschenden gehört. Hinter den Kriegsparteien stehen Lobbyverbände, Politiker:innen und nicht zuletzt Unternehmen aus der Privatwirtschaft. Denn was auf der einen Seite Tod, Elend und Vertreibung bedeutet, bedeutet auf der anderen Seite Umsatz, Devisen und Reichtum. Deutschland steht hier auf der Seite der Gewinner, denn durch politisches Geschick (beispielsweise „feministische Außenpolitik“) und milliardenschwere Rüstungsunternehmen, ist Schwarz-Rot-Gold eine große Nummer in der Welt der Kriege. Um den gesellschaftlichen Frieden im Land zu wahren, sprechen Politiker:innen dann auch lieber über humanitäre Leistungen und infrastrukturelle Hilfe der Bundeswehr im globalen Süden als über die jährlichen Waffenexporte von rund 12,5 Milliarden Euro in die ganze Welt.
Gleichzeitig erleben wir die größte Fluchtbewegung seit Menschengedenken. Laut UNO sind aktuell 120 Millionen Menschen auf der Flucht. Meist vor Kriegen und der damit verbundenen Gewalt, Armut, Landzerstörung und dem Hunger. Menschen die ihre Heimat verlassen müssen weil diese zuerst von der westlich-kolonialen Welt ausgeraubt und versklavt und jetzt mit Waffen aus dem globalen Norden kaputt-gebombt wird. Menschen, die alles zurücklassen und eine Flucht mit all ihren tödlichen Gefahren riskieren, um einen Ort zu finden an dem sie ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Würde führen können – für manche soll dieser Ort Europa werden.
Europa, wo Humanismus, Demokratie und Menschenrechte im Gesetz verankert sind. Gesetze die das Papier nicht wert sind auf denen sie niedergeschrieben wurden. Wie die Europäische Union mit Geflüchteten umgeht ist mittlerweile für alle sichtbar – auch hier reicht ein Blick in die Nachrichten. Die UN registrierte alleine im Jahr 2023 über 4000 vermisste oder tote Menschen an den Außengrenzen Europas. Viele starben durch Hunger, Durst, Ertrinken oder ganz gezielt durch die Grenzsoldat:innen von Frontex. Dieses Sterben und diese Morde werden auch von Deutschland politisch und finanziell in Kauf genommen und unterstützt, um Menschen davon abzuhalten bis nach Deutschland zu flüchten. Falls sie es doch schaffen, folgen oft Illegalisierung und Kriminalisierung.
Die Abschottungspolitik Deutschlands setzt dabei auf die Verschleierung ihrer rassistischen Praktiken. Neben dem gewollten bürokratischem Wahnsinn dem sich Geflüchtete gegenübersehen, gibt es ein enges und gut kontrolliertes Netz an Verboten und Pflichten die eingehalten werden müssen. Seien es die sogenannte Bezahlkarte, Arbeitsverbote, die Residenzpflicht oder die Unterbringung in Sammellagern. Bei Beschwerde oder Aufbegehren gegen diese unmenschlichen Praktiken folgen Strafmaßnahmen bis hin zur Abschiebung. Alle im Bundestag vertretenden Parteien sind für diese rassistischen Zuständen verantwortlich und an Abschiebungen auf Landes- oder Kommunalebene beteiligt. Die gleichen Parteien die mantra-artig und sabbernd ihre scheinheilige Ablehnung gegen die AfD bekunden und sich als demokratisch und menschenrechtsorientiert inszenieren. Welch ein Hohn, welch eine Heuchelei.
Auch nach Außen hin beherrscht die BRD dieses Spiel, in dem eine Welt gezeichnet wird, die in Gut und Böse, in liberale und illiberale Systeme, in autoritär und freiheitlich-demokratisch Regierungen unterteilt wird. Diese Erzählung ist eine Irreführung, denn Deutschland handelt wie jeder andere am kapitalistischen Weltmarkt beteiligte Staat. Nach Interessen, die sich allein durch geostrategische und finanzielle Abwägungen ableiten – für Moral und Ethik ist dabei kein Platz vorgesehen.
Diesbezüglich ist die Abwehr von Geflüchteten auf der einen Seite, sowie die Einbindung von „nützlichen Migrant*innen“ auf der anderen Seite eine zentrale Richtlinie deutscher Innen- und Außenpolitik. Denn in beiden Szenarien lässt sich nach liberaler Marktlogik, Geld verdienen. Mit der Konstruktion „sicherer Drittstaaten“ hat Deutschland sich zusätzlich, als zentrales Land in Europa, ein System geschaffen mit dem diese Form des „Nützlichkeitsrassismus“ noch effektiver genutzt werden kann.
Nehmen wir das Beispiel Moldau – wegen des Ukraine-Kriegs, kam es zu einer verstärkten Fluchtbewegung nach und durch Moldau. Die Menschen flohen aus den Kriegsgebieten um zumindest vorübergehend in Sicherheit leben zu können. Doch die Republik Moldau ist kein Land in dem schutzsuchende Menschen unterstützt werden. Das Gegenteil ist der Fall. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International verweisen regelmäßig auf Misshandlungen in den Knästen und auf die Verfolgung von Rom*nja, Sinti*zze und LGBTQI-Personen durch Staat, Bullen und Justiz. Dennoch erhielt Moldau das Label „sicherer Herkunftsstaat“ von Deutschland. Ein widerlicher Vorgang, der Voraussetzung war um Aufträge für die deutsche Waffenindustrie an Land zu ziehen. Und so durfte Deutschland die Grenzpolizei der Republik Moldau im Juni 2022 mit High-Tech Drohnen der Firma Germandrones ausstatten, wobei die Kosten in Höhe von rund 1 Million Euro übernommen und aus dem Bundeshaushalt finanziert wurden. Ausgangspunkt dieses Deals war eine Konferenz unter dem gemeinsamem Vorsitz Deutschlands, Frankreichs und Rumäniens in Berlin „zur Einrichtung einer Unterstützungsplattform für die Republik Moldau“. Das Auswärtige Amt ist federführend bei der Planung und Durchführung dieses Aufrüstungsprojektes. Dem vorausgegangen war eine Reise der grünen Außenministerin Annalena Baerbock nach Moldau.
Die beschlossene Lieferung von fünf Drohnen des Typ „Songbird 150 Surveillance Edition“ soll die Polizei der Republik Moldau in die Lage versetzen, die Abwehr von Geflüchteten zu forcieren, indem die Drohnen entlang der Grenze zum Einsatz kommen. Die Drohnen sind technisch in der Lage, aufgrund eines 40-fachen Zooms und Wärmebildkamera, einen Grenzabschnitt von einer Länge bis zu 90 km zu überwachen. Dies führe „letztendlich zu einer höheren Reaktions- und Interventionsfähigkeit bei grenzschutzspezifischen Einsätzen und wird damit wesentlich zur Aufdeckung krimineller Aktivitäten beitragen.“, kommentierte ein Polizist der Grenzpolizei am Rande der Berliner Konferenz.
So kann Deutschland einerseits sicherstellen, dass „unnütze Geflüchtete“ bereits an der Grenze zu Moldau abgefangen, angegriffen oder beim Pushback getötet werden ohne sich selber die Hände schmutzig machen zu müssen. Andererseits freut sich der deutsche Wirtschaftsstandort über einen weiteren Auftrag für die Rüstungsindustrie. Schauen wir uns diesen Deal und seine Akteur:innen genauer an, werden wir sehen, dass in Deutschland zumindest die Grenze zwischen Politik und Waffenindustrie offen ist.
Das Unternehmen Germandrones lieferte nicht nur die eigens gefertigten Drohnen sondern im Vorfeld auch eigene Pilot:innen und Trainer:innen um die Grenzpolizei zu trainieren. Verantwortlich für die technische Umsetzung dieses Projekts ist der Geschäftsführer Dr. Klaus Scho. Der Koordinator dieses Projekts ist Klaus Kandt, Ex-Mitglied der GSG9, Berlins ehemaliger Bundespolizeichef und späterer Polizeipräsident Berlins, welcher 2018 seinen Posten aufgrund des Skandals um die schadstoffbelasteten Schießstände räumen musste. Er war mitverantwortlich dafür, dass Bullen über Jahre toxische und krebserregende Dämpfe eingeatmet haben und schwer erkrankten. Dieser Skandal ist ein Schatten in seiner Biografie von dem er sich nicht mehr erholen sollte. So ließ er sich bei seiner nächsten Station, als Staatssekretär für Inneres in Brandenburg unter der Regierung Woidke, bereits nach 11 Monaten in den Ruhestand versetzen. Vermutlich aus finanziellen Gründen heuerte Kandt in der Privatwirtschaft bei Germandrones an. Damit schlägt der ehemalige Bundesgrenzschützer einen vertrauten Weg ein: die Menschenjagd. Klaus Kandt ist in seiner Funktion staatlich legitimiert, vulnerable und schutzbedürftige Menschen zu jagen. Früher durfte der ehemalige Elitebulle für den Staat den Abzug drücken, heute als Schreibtischtäter für Rüstungsfirmen wie Germandrones – ein Schwein bleibt eben ein Schwein!
Der Drohnen-Deal zwischen Deutschland und Moldau macht wieder einmal sichtbar um was es Politiker:innen, Lobbyverbänden und Rüstungsindustrie geht – Profit. Wir könnten kotzen, wenn wir Begriffe wie Humanismus, Rechtsstaatlichkeit, feministische Außenpolitik oder Menschenrechte von denjenigen hören, die mit Menschenleben spielen, sich aber brav hinter ihrem Schreibtisch, ihrer Bürokratie und ihren Gesetzen verstecken können.
Deswegen haben wir die Geschäftsstelle von Germandrones (Alt-Moabit 55 in 10555 Berlin) in der Nacht zum 30.07.2024 besucht, ihre Scheiben eingeschlagen und die Botschaft „Eure Drohnen töten!“ an die Fassade geschrieben.
Wir rufen dazu auf, die deutsche Rüstungsindustrie anzugreifen und die Profiteur:innen der weltweiten Grenzregime zur Verantwortung zu ziehen
Stop war on refugees! Rassismus tötet!
passiert am 30.07.2024