Naziblockade am 03.10. in Berlin: Post vom Ordnungsamt?

Aktuelle Infos anlässlich der Anhörungsbögen im Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen vermeintlichen Verstößen gegen die Infektionsschutzverordnung am 03.10.

Die Repression nach der erfolgreichen Blockade des Aufmarschs der Nazipartei “III. Weg“ am 3. Oktober 2020 in Berlin-Wartenberg geht weiter und erreicht eine neue Dimension: In den letzten Tagen erhielten Genoss:innen Briefe vom Ordnungsamt mit dem Hinweis, dass gegen sie ein Ordnungswidrigkeitsverfahren* läuft und der Aufforderung, sich zu äußern. Der Vorwurf lautet, im Rahmen der Blockade seien die Abstände von 1,5 Metern nicht eingehalten worden.

Diese Vorwürfe sind politisch unhaltbar und auch rechtlich falsch. Wir sind an diesem Tag auf die Straße gegangen, um gegen den Aufmarsch von gewaltbereiten
Faschist:innen zu demonstrieren. Das war und bleibt richtig. Zudem wurde für den Tag ein Hygienekonzept (https://berlingegenrechts.de/2020/09/25/am-03-10-den-iii-weg-blockieren/) verfasst, auf das im Vorfeld und am Tag selbst stets hingewiesen wurde. Die Teilnehmenden der Gegenproteste haben sich an diese gemeinsamen Vorsichtsmaßnahmen gehalten. Sie haben sich und ihre Genoss:innen, wo immer es ging, durch Abstände geschützt und stets Mund-Nasen-Schutz getragen.

Darüber hinaus – und das ist entscheidend – handelte es sich bei den Betroffenen um Teilnehmer:innen einer (grundgesetzlich geschützten) Versammlung. Der Angriff auf das Versammlungsrecht in Corona-Zeiten ist – insbesondere unter einem rot-rot-grünen Senat – schlimm genug. Dass damit im Nachhinein antifaschistischer Protest weiter drangsaliert wird, zeigt, wohin solche Regelungen führen.

Die Teilnehmer:innen solch spontaner Versammlungen nun mit Ordnungswidrigkeitsverfahren zu überziehen, um die Kosten für antifaschistisches Engagement in die Höhe zu treiben, ist schlicht skandalös. Wir werden diese besondere Form der Repression gegen antifaschistische Aktionen nicht hinnehmen!
Daher empfehlen wir allen Betroffenen, sich mit uns und einander zu vernetzen und sich gegen die Vorwürfe zu wehren. Wir haben folgende Handlungsempfehlungen für euch:

Was ihr tun SOLLTET:
** Anhörungsbogen bezüglich eurer personenbezogenen Daten ausfüllen und zurücksenden. Alles andere kann dazu führen, dass noch ein Owi-Verfahren geführt wird.
** Wir haben eine Musterantwort in Absprache mit einem Anwalt vorbereitet. Diese könnt ihr von uns per Email erhalten.
** Meldet euch bei uns, um das weitere Vorgehen zu koordinieren unter antirep@berlingegenrechts.de. Unseren PGP-Key findet ihr auf unserer Homepage. Ihr könnt uns aber auch unverschlüsselt schreiben.
** Achtet unbedingt auf die FRIST! Diese beträgt 2 Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides bei euch.
** Werdet Mitglied bei der Roten Hilfe e.V.. Hier organisieren sich seit Jahrzehnten Betroffene von staatlicher Repression gemeinsam.
** Bitte gebt dies auch an potentiell Betroffene weiter. Spread the Word! United we stand!

Was ihr NICHT tun solltet:
** Macht keine weiteren unabgesprochenen Angaben. Anna & Arthur halten‘s Maul – auch bei OWis.

Was ist ein Ordnungswidrigkeitsverfahren?
Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren unterscheidet sich auf verschiedenen Ebenen vom Strafverfahren. Zum einen wird es durch das Ordnungsamt und nicht die Polizei geführt. Auch ein potentielles gerichtliches Verfahren findet nicht vor dem Strafgericht, sondern der “normalen” Amtsrichter:in statt. Das heißt, ihr werdet nicht angeklagt, es findet kein Strafprozess statt, ihr könnt nicht ins Gefängnis kommen und werdet nicht verurteilt oder vorbestraft.

Was ist dann das Problem?
Dennoch kann es im Rahmen von Ordnungswidrigkeitsverfahren richtig unschön und vor allem teuer werden. Während beispielsweise Falschparker:innen oft recht günstig davonkommen, wurde schon die ein oder andere WG-Party sehr kostspielig aufgelöst. Da wir mit bis zu 34 solcher Verfahren im Rahmen der Blockade rechnen, kann es insgesamt richtig teuer werden. Um das zu verhindern, kann einerseits die Muster-Antwort helfen. Falls dennoch Bußgeldbescheide ergehen, müssten wir noch einmal – schnell, koordiniert – nachjustieren. Denn gegen Bußgeldbescheide kann nur innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden, sonst werden sie rechtskräftig und wir müssen zahlen. Dann wird 2021 das Jahr der Soli-Partys.

Okay und was passiert nach dem Einspruch?
Der Einspruch kann vor dem Amtsgericht landen, das entscheidet dann darüber.

Brauche ich eine Anwält:in?
Erstmal nein. Unsere Muster-Antwort ist mit einem Anwalt abgestimmt, ihr könnt den Anhörungsbogen selbst ausfüllen. Auch der Einspruch ist formlos möglich.

BGR

passiert am 22.01.2020