Update: Zum §129 Verfahren in Berlin und Athen
Bisher zum Verfahren veröffentlicht:
• Hardfacts: Zu den Durchsuchungen im §129 Verfahren
• Erklärung zur Durchsuchung des Kalabalik
Zum Kontext
Am 16. September letzten Jahres wurden die anarchistische Bibliothek Kalabalik und mehrere Wohnungen in Berlin und Athen durchsucht. Den sieben Personen, die in dem Verfahren beschuldigt sind, wird dabei vorgeworfen, mindestens seit 2016 eine vermeintliche linksextremistische kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen dabei der G20-Gipfel in Hamburg und im Besonderen die Krawalle an der Elbchaussee, welche die Beschuldigten angeblich vorbereitet haben sollen. [1]
Seit den Durchsuchungen dauern die Ermittlungen der Behörden weiter an.
Ein kleiner Überblick zur weiteren Entwicklung des §129 Verfahrens in Berlin // Athen:
Bei allen Durchsuchungen wurden diverse Gegenstände beschlagnahmt, diese wurden nun nicht nur auf die DNA der Betroffenen untersucht, sondern auch auf mögliche DNA-Spuren anderer Personen und auf sogenannte Spur-Spur-Treffer. Darunter fallen auch die, in der anarchistischen Bibliothek Kalabalik beschlagnahmten, Gegenstände. Vom Ladekabel bis hin zum Notizblock soll praktisch jeder beschlagnahmte Gegenstand auf DNA untersucht werden.
Einige Betroffene wurden schon im Zusammenhang mit vorangegangenen Verfahren zur DNA-Abgabe gezwungen, woraufhin deren DNA-Muster in die sogenannte DAD [2] eingespeist wurde. Teilweise untersagten später gerichtliche Entscheidungen die Einspeisung oder veranlassten im Nachgang deren Löschung. Im aktuellen Fall wurde nun angeordnet, dass von zwei Personen, von denen die DNA nicht in der DAD gespeichert ist, die DNA zum aktuellen Verfahren herangezogen werden soll.
Dem KT-Antrag [3] ist die Hauptmotivation der umfassenden DNA Überprüfung durch das BKA zu entnehmen:
„Während des G20-Gipfels in Hamburg kam es am 07.07.2017 abseits der genehmigten Demonstrationen entlang der Elbchaussee zu schweren ausufernden Gewalttaten durch Mitglieder eines ca. 220 Personen umfassenden „Schwarzen Blocks“. Die Tatbegehung war in ein übergeordnetes strategisches Gesamtkonzept der linksextremen Szene eingebunden. Sie war planvoll und koordiniert sowie logistisch präzise vorbereitet. Den Beschuldigten wird u. a. vorgeworfen, in die Planung und Organisation der Ausschreitungen maßgeblich eingebunden gewesen zu sein.“
Laut Abschlussbericht der „Soko Schwarzer Block“ sollen dort u.a. auch DNA-Muster gefunden worden sein, die auch an Spuren an Tatorten aus den letzten Jahren in Berlin zu finden seien.
Für ein im Zuge der Durchsuchungen beschlagnahmten Smartphone wurde einem Beschluss stattgegeben, welcher die Auswertung der darauf gespeicherten Telegramm Nachrichten erlaubt. Erwähnenswert dabei ist, dass nach Paragraf 110 StPO die Durchsicht eben solcher räumlich abgetrennter Daten schon zum Zeitpunkt der Durchsuchung zulässig ist, sofern andernfalls der Verlust dieser Daten zu besorgen ist.
Außerdem wurden auch Smartphones von Personen mitgenommen, die im hiesigen Verfahren nicht beschuldigt sind, welche nun ebenfalls „beschlagnahmt“ wurden.
Die Beschlagnahmung der Gegenstände der Durchsuchung reicht bis zu einem Schlüsselbund, welcher aufgrund „der vielen Schlüssel“, als ein vermeintlicher Beweis für das Eingebundensein in die radikale Linke Szene Berlins gelesen wird.
Im Rahmen der Ermittlungen des Bundeskriminalamts wurden außerdem diverse Banken aufgefordert, alle Kontoverbindungen der Beschuldigten offenzulegen. Trotz Hinweis, dass durch eine Kontokündigung die Beschuldigten Kenntnis vom Verfahren bzw. der Maßnahmen erlangen würden, regt nun schon mindestens eine Bank, die Kündigung eines Kontos eines Betroffenen an.
In Athen wurde das Gerichtsverfahren, welches wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in Griechenland gegen einige Betroffene geführt wird, wieder verschoben. Das Verfahren, geleitet von den griechischen Behörden, basiert auf dem Fund einiger Pfeffersprays, die in einer der durchsuchten Wohnungen gefunden wurden. Nachgeholt werden soll der Prozess nach dem Ende des Corona-bedingten Lockdowns.
Mit der Verhaftung der Antifachist:in Lina in Leipzig und der damit einhergehenden medialen Aufmerksamkeit, wurde zudem ein weiteres §129-Verfahren öffentlich bekannt. Eine Person, die im hiesigen Konstrukt beschuldigt ist, ist dabei auch im Sächsischen §129-Verfahren Beschuldigte:r.
Den obsessiven Konstruktionsleidenschaften der Bullen beim BKA scheinen weiterhin wenig Grenzen gesetzt zu sein. Wir sind gespannt, was sie sich als nächstes einfallen lassen:
Freiheit für Lina!
Für ein besseres Morgen!