Bis zu 15.000 Teilnehmer – so verlief die Mietendeckel-Demo

Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel gekippt hat, haben am Abend mehrere tausend Menschen gegen das Urteil und für eine Veränderung in der Wohnungspolitik protestiert. Nach Tagesspiegel-Schätzung versammelten sich zum Auftakt rund 10.000 Menschen. Die Polizei sprach zunächst von einer Teilnehmer:innenzahl im unteren vierstelligen Bereich, der Veranstalter von 15.000 Teilnehmer:innen.

Vom Startpunkt der Demonstration am Hermannplatz sollte die Route über das Kottbusser Tor zum Oranienburger Platz führen. Die dortige Abschlusskundgebung wurde vom Veranstalter wegen Platzmangels jedoch abgesagt und aufgelöst. Tausende Demonstrant:innen zogen trotzdem weiter in Richtung Kreuzberg.

Am Kottbusser Tor eskalierte der Protest zwischenzeitlich. Nach Einschätzung unseres Reporters waren zunächst zu wenige Polizist:innen vor Ort. Unter den ansonsten weitgehend friedlich demonstrierenden Teilnehmer:innen waren einige Gewaltbereite, die Flaschen warfen. Es kam zu Rangeleien. Dabei wurde auch ein Reporter verletzt.

Die Polizei nahm mehrere Menschen fest und setzte Pfefferspray ein. Gegen 20 Uhr verstärkten mehrere Hundertschaften den Einsatz, die Polizei drohte mit der Auflösung der Demo und erteilte Platzverweise.

Gegen 21 Uhr hatte sich die Lage wieder beruhigt. Die Polizei hatte den Platz am Kottbusser Tor fast vollständig geräumt. Mehrere hundert Menschen blieben jedoch in der Umgebung und verteilten sich in den Straßen rund um das Kottbusser Tor.

Unter den größtenteils sehr jungen Demonstrierenden brachten viele Topfdeckel mit und sorgten damit für eine stetig anhaltende, blecherne Geräuschkulisse. Auch aus den angrenzenden Wohnhäusern am Kottbusser Damm solidarisierten sich einige Anwohner:innen mit Plakaten und skandierten Parolen.

Während vom Frontblock der Demo „Ganz Berlin hasst die CDU“ zu hören war, ging es in der Mitte des Zuges zunächst ruhiger zu. Fast trotzig hält hier ein junger Mann ein Schild mit der Aufschrift „Dann halt enteignen“.

Der Protest der meisten Teilnehmer:innen richtete sich weniger gegen die rot-rot-grüne Koalition, die den Mietendeckel beschlossen hatte, als gegen CDU und FDP, die gegen ihn geklagt hatten. Ein Teilnehmer berichtete, er müsse nun 2000 Euro an seinen Vermieter zurückzahlen, vielen seiner Freunde ginge es ähnlich.

Eine freischaffende Illustratorin aus Neukölln erzählte, sie habe das durch den Mietendeckel eingesparte Geld verwenden müssen, weil durch die Coronakrise ihre Einnahmen weggebrochen seien. Die Rücklagen, die sie jetzt für die Rückzahlung bräuchte, habe sie schlichtweg nicht mehr.

Während zu Beginn aus Platzgründen wenig Abstand gehalten wurde, war es später im sich in Bewegung setzenden Demo-Zug deutlich einfacher, Abstand zu halten. Fast ausnahmslos alle Demonstrant:innen trugen Masken, die meisten davon FFP2.

Der Berliner Mieterverein hatte nach der Urteilsveröffentlichung am Morgen zu einer Lärm-Demonstration aufgerufen. „Kommt zur angemeldeten Spontan-Demo um 18.00 Uhr zum Hermannplatz. „Bringt (Topf-)Deckel mit“, hieß es in dem Aufruf, der über Twitter verbreitet wurde.

„Wenn Sie uns einen Deckel nehmen, kommen wir mit tausenden Deckeln wieder!“ Bei der „Lärmdemo“ soll mit „An- und Abstand gemeinsam gegen Mietenwahnsinn“ protestiert werden. Das Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn hatte zuletzt Ende März rund 1500 Menschen zum Protest gegen die Wohnungspolitik mobilisiert. (mit dpa)

https://www.tagesspiegel.de/berlin/viel-topflaerm-aber-auch-rangeleien-bis-zu-15-000-teilnehmer-so-verlief-die-mietendeckel-demo/27099422.html

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