Trotz eines neuen Angebots: Die Potse will nicht räumen
In der kommenden Woche steht der Termin für die Räumung der Potse nach knapp zweieinhalb Jahren der Besetzung an. Für Mittwoch, 19, Mai, um 8 Uhr hat sich die Gerichtsvollzieherin angekündigt. Sollte es wirklich soweit kommen, wird die Räumung nicht ohne einen großen Polizeieinsatz abgehen. Denn die Entscheidung, dass das autonome Jugendzentrum die Räume verlassen soll, die es zuvor jahrzehntelang regulär nutzen konnte und nach dem Auslaufen des Mietvertrags Ende 2018 besetzt hatte, hat in der linken Szene starke Symbolkraft. Schon lange sind der Bezirk und mittlerweile auch der Senat auf der Suche nach alternativen Räumen für die Potse, besonders intensiv in den letzten Wochen. Allerdings will das Kollektiv die alten Räume erst aufgeben, wenn wirklich benutzbare zur Verfügung stehen.
Das Angebot des Senats. Bausenator Sebastian Scheel (Linke), der bei der Abgeordnetenhauswahl auch in einem Wahlkreis im Bezirk antritt, hat der Potse – wie hier berichtet – die alte Zollgarage auf dem Flughafen Tempelhof angeboten und den notwendigen Umbau zugesichert. Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) wiederum hat eine sogenannte Verpflichtungserklärung unterzeichnet, mit der er zusichert, dass der Bezirk für die Miete aufkommen würde. Das Potse-Kollektiv könnte so direkt mit dem Senat eine Vereinbarung treffen. Schworck nennt dafür allerdings als Voraussetzung, dass die Potse vor dem 19. Mai die Besetzung aufgibt oder sich zumindest friedlich räumen lässt. An dem Termin hält Schworck fest.
Danach sieht es aber nicht aus. „Eine Lösung aller Probleme ist auch hier noch immer nicht in Sicht. Die Zollgarage wird nach derzeitigem Stand leider noch keine Dauerlösung sein“, heißt es in einem von vielen Initiativen, Bands und Organisationen aus dem linken Spektrum unterschriebenen offenen Brief. Die Unterzeichner fordern, auf jeden Fall die Räumung auszusetzen. „Wenn die Forderung, die Räumung der Potse auszusetzen, bis zum 14. Mai 2021 nicht umfassend erfüllt und öffentlich kommuniziert wird, müssen wir als Zivilgesellschaft davon ausgehen, dass die Räumung des selbstverwalteten Jugendzentrums Potse von der Politik nicht gestoppt werden wird. Der politische Wille, die Potse zu erhalten, ist damit nicht mehr als ein unerfülltes Wahlversprechen“, heißt es in dem Schreiben.
Gibt es noch eine Lösung? Die SPD-Fraktion in der BVV hält eine Aussetzung der Räumung nur für möglich, wenn der Senat sich unter anderem bereit erklärt, nach dem 19. Mai die Kosten für die besetzten Räume und die Haftungsfragen zu übernehmen. Der Bezirk könne diese Kosten nicht weiter tragen; in der Zeit der Besetzung sei bisher schon ein Schaden von 280.000 Euro entstanden. Zudem müsse der Senat die Kosten für den Umbau der Zollgarage tragen und eine Nutzungsvereinbarung mit der Potse unterzeichnen. „Wir wünschen uns sehr, dass die entsprechenden Punkte noch diese Woche durch die zuständigen Senatsverwaltungen geklärt werden können, damit eine Räumung verhindert werden kann“, heißt es in einer Pressemitteilung der SPD.
Die Reaktion des Senats. Es sieht nicht danach aus, dass sich der Senat auf diesen Vorschlag der bezirklichen Sozialdemokraten einlassen will. Bausenator Scheel antwortete auf meine Anfrage: „Ich freue mich, wenn auch die SPD Tempelhof-Schöneberg den Erhalt der Potse unterstützt. Zu einem früheren Zeitpunkt hätte eine solche Unterstützung sicher größeren Wert gehabt als der nun verbleibende Hilferuf zur Rettung einer Bezirkseinrichtung an die Landesebene.“ Er werde weiterhin persönlich an einer sicheren Zukunft für das Jugendzentrum arbeiten. Das Angebot der Senatsverwaltung, die Zollgarage zu nutzen, bleibe bestehen. „Wir sind, basierend auf der Finanzierungszusage des Bezirks, bereit einen entsprechenden Nutzungsvertrag zwischen der Tempelhof Projekt und dem Trägerverein der Potse abzuschließen. Das bedeutet aber nicht, dass der für Jugendarbeit zuständige Bezirk seine Verantwortung an den Senat delegieren kann“, sagte Scheel.
Weitere Reaktionen aus dem Senat. Die Senatsjugendverwaltung, die auf Landesebene für Jugendarbeit zuständig ist, teilte mit, dass sie keinen Grund sehe, tätig zu werden. Der Bezirk habe sich nicht an sie gewandt. „Aber wir unterstützen gern mögliche Lösungen“, sagte ein Sprecher. Hinsichtlich der bevorstehenden Räumung sagte eine Sprecherin der Senatsinnenverwaltung: „Wir gehen davon aus, dass der aktuelle Standort dem Gerichtsurteil folgend friedlich aufgegeben wird und werden dem Gerichtsvollzieher entsprechend Amtshilfe leisten.“
https://leute.tagesspiegel.de/tempelhof-schoeneberg/macher/2021/05/11/167923/trotz-eines-neuen-angebots-die-potse-will-nicht-raeumen/