„Erinnern heißt Handeln.“ – 27. Juli 2021 – Gedenkveranstaltung für Esther Bejarano
Sa: 24. Juli 2021
15:00 Uhr | Berlin-Mitte
Denkmal für die jüdischen Opfer des Faschismus
Große Hamburger Straße (U-Bhf Weinmeisterstr. & S-Bhf Hackescher Markt)
Live: YOK (Akkordeon), Tintenwolf (Gedichte)
Intitiativkreis: „Erinnern heisst handeln“
Programm und Informationen unter: www.antifa-nordost.org
Esther Bejarano verstarb am 10. Juli 2021 im Alter von 96 Jahren in ihrer Wahlheimat Hamburg. Ihre Worte und Taten wollen wir in stetiger Erinnerung halten, sie als Mahnung und Aufruf auffassen. Die große Anteilnahme bei der Trauerfreier am Wochenende in Hamburg, dem großen Presseecho und den Trauerbekundungen im Digitalen, sei es in den Sozialen Medien oder bei dem digitalen Gedenkbuch, welches von dem Auschwitz-Komitee eingerichtet wurde, sind überwältigend. Das alles zeigt auf, welche enorme Rolle unermüdliche Zeitzeug:innen und KZ-Überlebende, wie Esther Bejarano, in unserer heutigen Gesellschaft inne haben. Vor allem sind die Trauer und das breite mediale Echo ein Zeichen, wie stark die Musikerin und politische Aktivistin durch ihre Vorträge und ihre politische Arbeit in ganz Deutschland Menschen beeindruckt und beeinflusst hat.
Nach einer Kindheit und Jugend, die vor allem durch die Liebe zur Musik und einigen Umzügen der Familie durch ihren jüdischen Hintergrund geprägt war, wurde Esther Bejarano 1943 mit 18 Jahren nach Auschwitz deportiert. Zuvor hatte der Kriegsbeginn ihre geplante Ausreise nach Palästina verhindert. Zur Zeit ihrer Deportation waren ihre Eltern schon tot, da sie 1941 in Kowno von Nazis ermordet wurden. Den Tod ihrer Eltern erfuhr Esther Bejarano erst nach dem Kriegsende 1945. In Auschwitz schleppte sie in ihrem Arbeitskommando anfangs Steine und trug nebenher den Blockältesten Lieder von Schubert, Bach oder Mozart vor. Dadurch gelangte sie in das Mädchenorchester von Auschwitz, in dem sie als Akkordeonspielerin verpflichtet wurde. Eine Aufgabe des Orchesters war die musikalische Begleitung des täglichen Marschs der Arbeitskolonnen durch das Lagertor. Für Esther bedeutete die Mitgliedschaft im Orchester das Überleben in Auschwitz. Im November 1943 wurde sie in das KZ Ravensbrück verlegt. Dort war sie als Zwangsarbeiterin tätig. Auf den Todesmärschen gelangte ihr mit Freundinnen zusammen die Flucht. Die Befreiung durch die US-amerikanischen Truppen erlebte sie am 3. Mai 1945 in Lübz.
Mit ihrem Eintritt in die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen) und der Gründung des Auschwitz-Komitees in den 1980er Jahren beschäftigte sie sich mit ihrer Vergangenheit und wurde politisch aktiv. Bis zu ihrem Tode blieb Esther Bejarano eine passionierte Musikerin, die in ihren musikalische Auftritten Politisches und Musikalisches verband. Zudem setzte sie sich in den letzten Jahren dafür ein, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung zum Bundesdeutschen Feiertag ernannt wird.
„Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen, wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hervortreten!“ – diese auffordernden Worten zeigen, dass die Erinnerung an die deutschen NS-Verbrechen und das bewusste Eintreten gegen Faschismus auch weiterhin wichtige Aufgaben für alle Antifaschist:innen, ob jung oder alt, bleiben. Ohne Esther Bejarano wird es schwerer, aber wir nehmen ihr Erbe als Verpflichtung.
Esther Bejarano kam am 20. April 1943 in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße hier in Berlin. Von dort wurde sie nach Auschwitz in das NS-besetzte Polen deportiert. In der Jüdischen Schule (heute das jüdische Gymnasium Moses Mendelsohn) hatten die Nazis dieses Sammellager eingerichtet. Direkt neben der Großen Hamburger Straße liegt der Jüdische Gedenkfriedhof. Dort gibt es das Denkmal für die Jüdischen Opfer des Faschismus.
An diesem Ort möchten wir diesen Samstag (24. Juni) um 15 Uhr Esther Bejarano mit Musik- Kunst- und Redebeiträgen gedenken.
Esther, der Kampf geht weiter!