Statement zum Outing über Johannes D.
Voller Hass haben wir das Outing über Johannes D. gelesen. Eine so lang anhaltende Serie sexualisierten und gewalttätigen Verhaltens macht uns sprachlos und wütend. Sprachlos wollen wir aber nicht bleiben! Wir solidarisieren uns mit der Betroffenen und mit allen Betroffenen patriarchaler Gewalt. Als Antifaschist*innen ist dies für uns eine Selbstverständlichkeit! Der Kampf gegen Sexismus macht nicht vor unserer eigenen Haustür halt – denn sonst wird ein Klima geschaffen, in dem Täter wie Johannes D. unenttarnt und ungehindert handeln können und weitere Täter ermutigt werden.
Alle Genoss*innen und auch (gerade!) solche, deren Täter zeitweise im Rampenlicht staatlicher oder szeneinterner Aufmerksamkeit stehen, sollen sich auf unsere Solidarität und unseren Schutz verlassen können. Der Status eines Täters, z.B. als Repressionsbetroffener, rechtfertigt ein Missachten von antisexistischen Standards im Verhalten zwischen Genoss*innen nicht. Im Gegenteil: gerade bei diesen Personen ist es besonders wichtig, dass sie Verantwortung für das eigene Verhalten übernehmen, die Aufarbeitung des Vorfalls selbst aktiv vorantreiben sowie ihre Tat(en) und ihre Rolle in patriachaler Unterdrückung reflektieren.
Ein gemeinsamer Kampf ist nur möglich, wenn patriarchale Gewalt nicht bagatellisiert, sondern ebenso bekämpft wird, wie Nazis, Kapitalismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Scheiße. Es ist auch kein Zufall, dass gewisse Teile der linken Szene (Clubs, Sportgruppen, Hausprojekte, …) besonders anfällige Orte für Übergriffe von cis-Männern gegen Flinta sind oder sich unter der Hand bekannte Täter dort lange ohne Widerspruch und Konsequenzen aufhalten können. Das hängt jeweils mit verschiedenen sozialen Mechanismen zusammen, die dort wirken.
Falls das nicht klar ist: Täter sabotieren die ganze Bewegung, indem sie FLINTA* aktiv aus der Bewegung und Szene rausdrängen. Hinzu kommt, dass (zumeist) weitere FLINTA* sich um den Support der Betroffenen und die Aufarbeitung des Vorfalls kümmern (müssen). Diese haben weniger Zeit und Energie für andere Politaktionen. Insofern ist es wichtig, patriarchales Verhalten – ob bei Plena, Aktionen, in Beziehungen oder auf Partys – offenzulegen und zu politisieren.
Bei Sportgruppen beispielsweise besteht die Aufgabe darin, sich trotz des klandestinen, oft isolierten Vorgehens nicht von allen Strukturen und Diskursen zu lösen. Trotz des hohen Einsatzes, der gezeigt wird, rechtfertigt dies keine Sonderbehandlung (durch FLINTA*). In dem männlich-dominierten Sportgruppenmilieu besteht zudem eine besondere Verantwortung, sich mit dem eigenen männlich-sozialisierten Verhalten zu beschäftigen, Dynamiken zu erkennen und zu brechen. Sich gegenseitig zu decken, hat Grenzen! Schreitet ein und widersprecht, wenn eure Genossen scheiß Sexisten sind und sexistische Gewalt ausüben! Und zu guter letzt haben linke Milieus, die Gewalt als Mittel einsetzen, auch die Verantwortung, über den Einsatz dieser Gewalt als Mittel zu reflektieren. Das schließt besonders den politischen Alltag ein, und nicht nur militante Aktionen.
Wir erwarten, dass eine ernsthafte Aufarbeitung stattfindet. Nicht erst morgen. Wir wollen den Täter nicht an unseren Orten sehen. Wir erwarten, dass auch die Orte und Zusammenhänge, an denen er aktiv war, sich mit den Gegebenheiten und Strukturen, die so ein Handeln ermöglicht haben, auseinandersetzen. Lest das Outing – die Erfahrungen in diesem Bericht sind heftig und sprechen für sich. Wir unterstützen die Forderungen der Betroffenen und beziehen sie auch auf uns – tauscht auch ihr euch in euren Bezugsgruppen darüber aus. Es ist unser aller Verantwortung uns mit rape culture zu beschäftigen und dafür zu sorgen, dass solche Taten nicht mehr vorkommen können. Wir stellen uns vor, neben und hinter unsere betroffene Genossin. Gegen jeden Sexismus!