Trauerzug für verlorene Orte
Friedelstraße 54, »Potse«, »Meuterei«, »Syndikat«: Das waren einige der Namen auf Schildern, die am Sonntag von der Warschauer Brücke durch den Südkiez von Friedrichshain getragen wurden. Sie gehören zu alternativen Orten und Projekten, die in den vergangenen Jahren zwangsgeräumt wurden, weil Immobillieneigentümer ihre Interessen geltend gemacht hatten. »Was diese Verluste umso schmerzhafter macht ist die Tatsache, dass die meisten von ihnen vermeidbar gewesen wären: Durch ein Grundrecht auf Wohnen, durch eine menschenwürdige Bleibe für Alle, durch ein Recht auf Selbstbestimmung«, erklärten die Organisator*innen eines Trauerzugs, der an die Räumungen erinnerte.
Der Trauerzug wurde von Mieter*inneninitiativen und stadtpolitischen Gruppen organisiert. »Wir wollten unsere Trauer darüber auf die Straße tragen, was wir mit dem Verschwinden der Projekte und Häuser verloren haben«, sagte eine Teilnehmerin. Menschen, die in den verschwundenen Projekten aktiv waren oder gewohnt haben, erklärten in kurzen Redebeiträgen, was die Räumung für sie persönlich bedeute. Ein Bewohner des im Februar 2021 geräumten Obdachlosencamps in Rummelsburg beklagte, damit sei eine Form der Selbstorganisation verschwunden, die sich Betroffene in Pandemiezeiten aufgebaut hätten. Eine Nutzerin des Jugendzentrums »Potse« in Schöneberg erinnerte an die Veranstaltungen, die es dort gegeben hatte und die am Ausweichort nicht mehr möglich seien. Das neblige Wetter war dem Anlass des Zuges angemessen. Trauer müsse jedoch nicht Resignation bedeuten, sondern könne auch in Wut und Protest münden, machten viele Teilnehmer*innen des Zuges deutlich. Für kommenden Samstag rufen Friedrichshainer Initiativen zu einer Demonstration unter dem Motto »Keine Zukunft für Bürohochhäuser in unseren Kiezen« auf. Dann soll die Verantwortung von Investor*innen wie Padovicz und Trockland im Mittelpunkt stehen. Sie startet um 13 Uhr an den entmieteten Häusern der Hauptstraße 1 an der Rummelsburger Bucht.
passiert am 07.12.21