Monatsrückblicke April & Mai
Abgelehnte Beiträge und einige Gedanken zur Veröffentlichung von Outcalls auf Kontrapolis
Es gab im April keine Texte, die wir abgelehnt haben, allerdings erreichte uns nach der Veröffentlichung eines Beitrages einiges an Kritik auf die wir am Ende weiter eingehen wollen.
Im Mai wurden drei eingesandte Artikel nicht veröffentlicht. Aufgrund eines fehlenden lokalen Bezugs betraf dies den Text „Privatisierung der kommunalen Sicherheit & Ordnung in Ba.-Wü.“, der auf indymedia nachzulesen ist. (Link)
Ebenfalls abgelehnt wurde ein von EmRaWi kopierter Artikel über sexualisierte Gewalt im EKH Wien. Wir haben prinzipiell nichts gegen Crossposting, in diesem Fall hielten wir es jedoch für wichtig, die verfassende Person entscheiden zu lassen, wo der Artikel veröffentlicht wird. Der Text auf EmRaWi: (Triggerwarnung Link)
Der dritte nicht veröffentlichte Beitrag nahm Bezug auf den Umgang mit sexualisierter Gewalt innerhalb der R78, was bereits Thema mehrerer Artikel auf dieser Seite war. Da der jetzige Text eine intern versandte E-Mail einer Betroffenen in voller Länge wiedergab, haben wir uns gegen eine Veröffentlichung entschieden.
Nachdem auf Kontrapolis Anfang April der Text „Sama32 seit Jahren Täternest“ (Triggerwarnung Link) veröffentlicht wurde, erhielten wir per Mail mehrere Nachrichten, die sich über die Veröffentlichung beschwerten und uns aufforderten, den Text wieder von der Seite zu nehmen, da er Unwahrheiten verbreiten würde.
Dass wir den Artikel nicht gedankenlos veröffentlicht haben, macht bereits die von uns angefügte Anmerkung deutlich. Zwischen Einreichung und Veröffentlichung verging ca. ein Monat, viel mehr Zeit als es unsere eigenen Ansprüche eigentlich zulassen würden. Wir sind uns den verschiedenen Verantwortungsebenen beim Betrieb einer Seite wie Kontrapolis durchaus bewusst und haben uns zu Beginn explizit gegen ein OpenPosting und für eine Vormoderation entschieden, gerade auch um Leuten, die unseren Ideen und Strukturen schaden wollen, hier keine Plattform zur Verfügung zu stellen. Das heißt auch, dass wir durch eure Kritik an dem Betreiben der Seite viel lernen, weil wir nicht auf alles schnell und ausführlich begründet reagieren können.
In dieser Hinsicht stellte uns der Artikel mit seiner knappen Informationslage vor das Problem, dass uns eine Veröffentlichung ohne weiteres Wissen über den Kontext fragwürdig erschien. Wie wir es später auch in unserer Anmerkung kommunizierten.
Wir entschieden uns dann dazu, mehrere Gruppen, denen wir aufgrund ihrer langjährigen Praxis ein gewisses Vertrauen entgegenbringen und von denen wir annahmen, dass sie von solchen Vorwürfen bereits etwas mitbekommen haben könnten, anzuschreiben. Den jeweiligen Antworten konnten wir entnehmen, dass diese oder ähnliche Vorwürfe bereits seit längerer Zeit bekannt und Thema in verschiedenen Strukturen sind.
Daraufhin beschlossen wir, den Text in seiner jetzigen Form zu veröffentlichen.
Uns wurde in einigen der Mails vorgeworfen, dass wir im Vorfeld nicht auch bei den im Outcall genannten Projekten nachgefragt haben. Eine Kritik, die wir aus deren Perspektive zwar nachvollziehen können, die aber auch auf einer Fehlannahme über unsere Rolle als Moderation von Kontrapolis zu beruhen scheint. Möglicherweise war auch der Satz in unserer Anmerkung zum Artikel, „die […] Vorwürfe bestätigt bekommen [zu] haben“, missverständlich formuliert: Wir haben uns die ‚Offline-Existenz‘ der Vorwürfe bestätigen lassen. Das heißt nicht, dass wir irgendeine Entscheidung über Richtig/Falsch oder die Sinnhaftigkeit von Zeitpunkt und Form einer Veröffentlichung getroffen haben. Dass wir damit hinter „journalistischen Standards“ zurückbleiben, wie uns vorgeworfen wurde, mag sein. Die Verantwortung, die „internen“ Informationen, die uns in den Mails zukamen, in die Moderation einzubeziehen, ohne dass die Projekte und Gruppen selbst jene Infos veröffentlichen wollen, konnten wir mit unserer Rolle nicht zusammen bringen.
Mit Kontrapolis haben wir uns die Aufgabe gegeben, einen Teil der Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die es emanzipatorischen Gruppen und Einzelpersonen ermöglicht, Artikel zu veröffentlichen und Debatten zu führen. Weder gehört uns diese Plattform, noch wollen wir ihren Inhalt über die Moderationskriterien hinaus bestimmen. Somit sitzt hier keine Redaktion, die das veröffentlicht was ihr in den Kram passt, sondern eine Moderation mit dem Anspruch, möglichst alle Beiträge zu veröffentlichen, die aus den Kämpfen dieser Stadt hervorgehen oder sie tangieren.
Dass wir in der Lage sind Beiträge zurückzuhalten, ist zwar unserer Meinung nach notwendig, aber eben auch eine problematische Machtposition. Dies gilt besonders für Artikel über sexualisierte Gewalt.
Die Möglichkeit Vorwürfe, gescheiterte Prozesse, Forderungen etc. öffentlich zu machen, halten wir für wichtig, die Entscheidung über Zeitpunkt und Inhalt kann dabei nicht auf unserer Seite liegen. Auch eine Diskussion über eventuelle formale Ansprüche an öffentliche Outcalls könnte nur auf breiterer Basis geführt werden.
Von unserer Seite hier aber noch einmal die starke Bitte, bei solchen oder ähnlichen Texten, eine Kontakt-Mail anzugeben. Dies halten wir auf verschiedenen Ebenen für sinnvoll und kann es uns im Zweifelsfall ermöglichen, eventuelle Unklarheiten auszuräumen.