Schienensabotage an der Lausitzer Kohlebahn
„Wenn es jemals die Illusion gab, dass sich das mit dem Klima schon klärt, sobald die Richtigen regieren – dann liegt sie jetzt in Scherben. Und das ist auch gut so, für Illusionen haben wir nämlich keine Zeit.“ – Luisa Neubauer
Es braucht uns auf der Straße, ob festgeklebt oder Parolen rufend, es braucht uns auf den Baggern und Baustellen, es braucht uns streikend vor Krankenhäusern und in den Betrieben, es braucht uns an den Schienen und an den SUV-Reifen, es braucht uns in der Nachbar*innenschaft – ob sichtbar oder unsichtbar, es braucht vielfältigen Widerstand für eine radikale Transformation und ein gutes Leben für alle!
Am vergangenen Wochenende haben wir an mehreren Stellen im Lausitzer Revier die Oberleitungen der Kohlebahn mit „Hakenkrallen“ versehen, um so die Bahnanlagen zu beschädigen und die Belieferung der Braunkohlekraftwerke Schwarze Pumpe und Jänschwalde zu stören. Die „Hakenkrallen“ sind eine Aktionsform die sich im Rahmen der Anti-AKW-Proteste bewährt hat. Sie können mit wenig Aufwand große Schäden anrichten, dennoch besteht keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen. Trotzdem entschuldigen wir uns für den möglichen Schrecken, den die*der Lokführer*in erlebt hat.
Der Klimawandel ist längst eine Klimakrise: weltweite Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen. Wir brauchen sofortige Maßnahmen und den unverzüglichen Kohleausstieg, trotz der (oder auch gerade wegen) aktuellen Energieversorgung(sdebatten). Das wissen wir seit Jahren und trotz jahrzehntelanger Proteste und einer breiten Bewegung für Klimagerechtigkeit reagiert die parlamentarische Politik nicht.
Auch gegen die LEAG und den Kohleabbau in der Lausitz wird seit Jahren auf verschiedene Art und Weise protestiert – alles zwecklos. Es wird weiter Kohle gefördert und nicht nur das: trotz 240 Mio. Kubikmetern illegalem Wasserverbrauch und mehrerer Verurteilung durch verschiedene Gerichte bekommt die LEAG mit Hilfe des deutschen Staates einen milliardenschweren Kredit. Und das obwohl der Tagebau im Mai geschlossen werden sollte. Die Kosten dafür müssen andere tragen: die lokale Bevölkerung und die unmittelbare(n) Natur(schutzgebiete).
Auch aktuell spielt sich das vor unseren Augen ab. Wir solidarisieren uns mit der lokalen Bevölkerung und den vom Feuer Betroffenen. Jahrzehntelange Untätigkeit im Klimaschutz spielt hier genauso eine Rolle wie eine profitorientierte Forstwirtschaft und das aktive am-Leben-halten der Kohleindustrie. Die Folgen einer kapitalistischen Wirtschaftsweise, insbesondere des mangelnden Ausbaus von erneuerbaren Energien fällt jetzt der lokalen Bevölkerung in Form von brennenden Wäldern in den Schoss.
Genau nach demselben Prinzip der Externalisierung funktioniert die Kohleförderung, wobei die Folgen des CO2 Ausstoßes ebenfalls ausgelagert werden und die Leben von Mensch und Umwelt in MAPA1 massiv einschränken und zerstören. Mit unserer Aktion stehen wir an der Seite der Betroffenen von Brandenburg bis Brasilien.
Die Bundesumweltministerin ruft uns wegen der klimawandelbedingten Dürren dazu auf Wasser zu sparen, während der Wasserverbrauch der Industrie um ein vielfaches größer ist (und nicht selten unnötig bzw. nicht gemeinwohlorientiert) im Vergleich zum Privaten. Gleiches gilt für die Energiekrise und -transformation, welche weder ein Zurück zu den Fossilen oder Atomenergie bedeuten, noch auf dem Rücken der Verbraucher*innen ausgetragen werden darf. Obwohl bereits diverse Technologien den Ausstieg aus fossilen Energien ermöglichen ist der Kohleabbau weiterhin der größte Wasserschlucker des Landes und ebenso schädlich in Sachen Klima und Energiewende.
Was spätestens jetzt klar sein sollte: Appelle an die parlamentarische Politik bleiben erfolglos – selbst systemkonforme Maßnahmen wie ein 130 Tempolimit, was 2,6 Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen könnte, bleiben aus. Die Ernsthaftigkeit der klimatischen Situation und die Notwendigkeit sofortiger Umverteilung wird ignoriert und die rassistische und patriarchale Normalität in der kapitalistischen Gesellschaft akzeptiert und aktiv aufrechterhalten.
Während die LEAG sich scheinbar in finanziellen Schwierigkeiten befindet, sehen wir darin auch eine Chance unserer Aktionsform. Materielle Verluste und damit verbundene finanzielle Schäden bieten die Möglichkeit den Konzern weiter in die Krise zu reiten und sein Ende zu beschleunigen.
Sabotage erschwert es ignoriert zu werden und gemeinsam könnten wir den Rahmen rein symbolischer Aktionen verlassen, nachhaltigen Schaden verursachen und einen radikalen Systemwandel bewirken, sei es innerhalb von Massenaktionen oder durch viele Kleingruppen.
Einen radikalen Systemwandel müssen wir selber in die Hand nehmen, neue und ergänzende Aktionsformen finden, um den Druck zu erhöhen, und die Kraftwerke selbst abschalten.
gez. die freundliche Hakenkralle – bald auch in eurer Nachbar*innenschaft!
passiert am 29.07.2022