Internationalist Queer Pride Berlin: Sexarbeitsfeindliche Gruppen fühlen sich scheinbar willkommen
Im Vorfeld des IQPB(Internationalist Queer Pride Berlin) wurden auf verschiedenen Kanälen(1) ein Awareness Statement verbreitet. Dort wurden insbesondere sexarbeitsfeindliche Gruppen ausgeladen: “Wir stehen für die Entkriminalisierung von Sexarbeit und wenden uns gegen eine Politik, die die Sicherheit und die Rechte von SexarbeiterInnen stigmatisiert und gefährdet. Gruppen, die gegen die Rechte von Sexarbeiter:innen sind, sind auf dem Marsch nicht willkommen.”
Trotzdem nehmen einige Gruppen teil, die sich öffentlich klar als sexarbeitsfeindlich positioniert haben. Oftmals lassen sich diese Gruppen in zwei grobe Strömungen einteilen. Der eine Teil fordert eine möglichst schnelle Abschaffung jeglicher Sexarbeit, wobei in den meisten Fällen Prostitution und Sexarbeit synonym verwendet wird. Der andere Teil möchte zwar Sexarbeiter*innen in der Gegenwart unterstützen, sieht Sexarbeit aber zumeist als Symptom des Kapitalismus und erhofft sich eine Zukunft ohne Sexarbeit. Vereinet sind beide Gruppen in ihrer Entmündigung von Sexarbeiter*innen.
Beispielhaft für die beiden Strömungen soll hier jeweils eine Gruppen aufgeführt werden. Beide Gruppen konnten bisher völlig offen und kritiklos am IQPB teilnehmen.
Zur ersten Strömung lässt sich die Linksjugendgruppe „‘solid Nord-Berlin“ zählen. Auf Twitter erzählen sie ganz offen(2), dass sie als Gruppe beim IQPB unterwegs waren. Wenige Monate vorher machten sie in einem Solidaritätsstatement(3) mit Huschke Mau nicht nur öffentlich klar, wie sexarbeitsfeindlich sie sind, sondern haben sich auch noch „bedingslos“ mit einer Person solidarisiert, die als Herausgeberin transfeindlicher Bücher auftritt(4).
In die zweite Strömung lässt sich „Klasse gegen Klasse“(KgK) einordnen. Größten Teils liest sich ihre Positionierung zur Sexarbeit aufrichtig unterstützend. So fordert KgK beispielsweise die Verteidigung der Rechte von Sexarbeiter*innen und eine generelle Möglichkeit Sexarbeit ohne Einmischung des Staates durchzuführen. Langfristig wünscht sich aber auch Klasse gegen Klasse eine Ende von Sexarbeit: „Wir sind der Meinung, dass wir durch die Beendigung aller Formen von Ausbeutung und Unterdrückung und der sozialen Klassen der Prostitution ein Ende setzen können.”(5) KgK war gut sichtbar mit Hochtransparent auf der Demo unterwegs(6).
Beide Gruppen stehen exemplarisch für eine Vielzahl von Gruppen und Einzelpersonen, die sich trotz sexarbeitsfeindlicher Positionen auf dem IQPB willkommen fühlen. Insbesondere organisierte Gruppen handeln hier klar gegen das veröffentlichte Awareness Statement der Demoorga.
Von Seiten der Veranstalter*innen und der Community sollte mehr auf sexarbeitsfeindliche Gruppen geachtet werden, anstatt den Fokus nur auf Antideutsche zu legen. Zudem stellt sich die Frage, warum in einer alternativen Version des Awareness Statements auch sexarbeitsfeindliche Einzelpersonen ausgeladen wurden(7), dies aber in der endgültigen Variante dann gestrichen wurde.
(1) Awareness Statement auf der Website (Archiv)
Awareness Statement auf Instagram
Awareness Statement auf Twitter(ENG) (Archiv)
(2) ‘solid Nord-Berlin schreibt auf Twitter, dass sie auf dem IQPB waren (Archiv)
(3) ‘solid Nord-Berlin solidarisiert sich mit Huschke Mau (Archiv)
(4) CN Transfeindlichkeit in den Verlinkungen
Huschke Mau ist eine von 5 Herausgeberinnen des Buches „Störenfriedas“ (Archiv).
In dem Buch sind hauptsächlich Artikel des gleichnamigen Blogs stoerenfriedas.de abgedruckt, unter anderem der Artikel „Warum das Genderkonstrukt toxisch ist – ein Beitrag zur Trans*-Debatte“ (Archiv) und der Artikel „Warum Radikalfeminismus nicht transfeindlich ist“ (Archiv).
Die im Buch befindlichen Artikel lassen sich durch die Leseprobe einsehen.
(5) Klasse gegen Klasse mit Hochtransparent auf dem IQPB (Archiv)
(6) Artikel von Klasse gegen Klasse zur Fake-Doku „LOVEMOBIL“ inklusive Stellungnahme zu Sexarbeit (Archiv)
(7) Andere Version des Awareness Statements, dass auch sexarbeitsfeindliche Einzelpersonen ausschließt (Archiv)
Endgültige Version des Awareness Statements (Archiv)