Bericht vom 62. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 04.08.2022

Der Prozesstag umfasste die Befragung des Johannes Domhöver (im Weiteren abgekürzt mit J.D.) durch den Senat. Die Befragungen umfasste dessen Scouting-Tätigkeit sowie seine Teilnahme an diversen Trainings in Leipzig. Zugleich äußerte er sich über sein vermeintliches Wissen zu Sicherheitsstandards innerhalb linker Kontexte. Vor allem seine Einblicke in seine „Politisierung“ gaben tiefe Einblicke in sein Denken. Zudem äußerte er sich willfährig und ausschweifend zu Kennverhältnissen zwischen ihm und anderen Personen sowie zwischen anderen Personen. Hierbei gab er nicht nur möglichst viele Namen von angeblichen Freund:innen, Bekannten, Genoss:innen und Locations preis, sondern er war sichtlich bemüht, auch Szenen aus anderen Städten in seine Geschichten einzustricken.

Den Prozesstag begleitende Kundgebung

Abermals hielten solidarische Personen im Laufe des Prozesstages eine Kundgebung vorm OLG Dresden unter dem Motto „Unsere Solidarität gegen politischen Verrat“ ab. Thematisch wurden aktuelle und vergangene §129-Repressionsfälle betrachtet. https://de.indymedia.org/node/213113 Die Anzahl der Teilnehmenden war rückläufig, was vor allem die anwesende Polizei nutzte, um die Kundgebungsteilnehmer:innen zu nerven. Danke daher an alle, die die Kundgebung mitgestaltet haben, egal ob inhaltlich (Redebeiträge), organisatorisch oder durch bloße Teilnahme.

Im Gerichtssaal …

Der 62. Prozesstag begann um 09:35 Uhr in Anwesenheit der Nebenklagevertreter Kruppe und Hohnstädter. Zweiterer wollte gleich zu Beginn eine Erklärung zur Aussage von J.D. vom Vortag verlesen, wurde jedoch gebeten, diese hinten anzustellen.

Danach lieferte der Kronzeuge mit seinen sieben Personenschützern die gewohnte Performance: Sie betreten den Saal, geben sich professionell, sichern alles zu allen Seiten. Erst dann darf J.D. den Raum betreten. Wenn er sitzt, setzen sich auch seine Begleiter und geben sich große Mühe, den Saal im Blick und ihre Augen immerzu geöffnet zu haben.

Die Befragung des J.D.

Anzumerken ist, dass die Befragungen des J.D. thematisch nicht konsistent sind, folglich nicht ein thematischer Block abgearbeitet wird, sondern oftmals zwischen diesen hin und her gesprungen aka gefragt wird. Um das Lesen hier zu erleichtern bzw. schneller sichtbar zu machen, wonach eventuell gesucht wird, empfiehlt es sich einerseits, den Text mittels der Suchfunktion und anhand von Stichworten durchzusehen; andererseits haben wir mal Hashtags (so was hier ist gemeint: #) eingebaut als kleine Zwischenabschnitte.

#Scouting-Tätigkeit

Zu Beginn der Vernehmung des J.D. wollte der Vorsitzende Schlüter-Staats erneut wissen, wie genau er seine Funktion als Scout definiere. Laut J.D. würde diese Funktion ständig variieren, vor allem ginge es jedoch um Aufmärsche und Veranstaltungen des „rechten Milieus“ in Sachsen und anderen Bundesländern; später grenzte er dies auf Sachsen-Anhalt und das Grenzgebiet Niedersachsens ein.

Er habe die Zustiege in Zügen bei Versammlungen an Personen in Autos durchgegeben, die nach Ende der Versammlungen die „Rechtsradikalen“ abfangen wollten.

Dies habe er öfter gemacht, wollte jedoch nichts weiter dazu sagen, weil er selbst Beschuldigter in dem Verfahren sei, was der Vorsitzende mit: „Das ist ein bisschen schade“ kommentierte.

Um die allgemeine Funktion seiner Person zu erklären, erläuterte J.D., er habe filtern sollen, wie viele Personen zustiegen, wie wehrhaft diese womöglich seien und ob ein Angriff auf die Personen bzw. die Gruppe umsetzbar sei. Über vermeintliche Zugriffe und deren etwaigen Erfolg, wollte sich J.D. ebenfalls nicht äußern. Er blieb bei einem Beispiel aus Weißenfels (siehe Bericht des 60. Prozesstags), bei dem nichts passiert sei und er selbst im so genannten Zugriffsteam gewesen sei.

Ob es da einen Scout gegeben habe, wusste er nicht. Er gab an, dass eine angeklagte Person auf dem Bahnhof gestanden hätte, um ihnen unten mitzuteilen, wenn die Rechten ausstiegen. Er sagte, er habe nie die Initiative ergriffen, um bei einer so genannten „Ausfahrt“ dabei zu sein, er sei fast immer durch einen Beschuldigten angefragt worden.

#Scouting-Tätigkeit: Einmal mit unbekannten Zielort und einmal Chemnitz

Dann berichtete er über eine „Ausfahrt“, bei der er in Berlin gewohnt habe und angefragt worden sei, als Scout tätig zu sein. Er sei am Vorabend nach Leipzig gefahren und habe dort übernachtet. Es habe einen Treffpunkt in der Nähe eines S-Bahnhofs gegeben, an dem zwei Angeklagte und weitere, ihm unbekannte Personen aus einem anderen Bundesland gewesen seien. Er soll dann am Bahnhof abgesetzt worden sein und er habe anschließend mitgeteilt, wo Teilnehmende der rechten Versammlung eingestiegen seien. Er schätzte, dies sei im Sommer 2018 gewesen. Er wisse nicht mehr, was der Zielort der Rechten gewesen sei, erinnere sich jedoch, dass er etwa dreieinhalb bis vier Stunden gebraucht hätte, um nach Berlin zurückzufahren.

Er sei selten mit dem Zug wieder zurückgefahren. Normalerweise habe er eine Voraufklärung betrieben, um mitzuteilen, wer eingestiegen sei. Es sei ja davon auszugehen, dass die Leute wieder dahin zurückfahren, wo sie hergekommen seien. Einmal sei er bei einer rechten Versammlung in Chemnitz auch wieder zurückgefahren, um zu sehen, ob die Personen auch wieder in die Bahn einsteigen.

Als Scout sei er regelmäßig allein unterwegs gewesen. Er sei vorn eingestiegen, um den ganzen Bahnhof im Blick zu haben. Dadurch sei er in der Lage gewesen, die Zielpersonen anhand des äußeren Eindrucks festzumachen, also durch das Erscheinungsbild der Gruppe und etwaiger Symboliken.

#Leipzig: Anzahl der Aufenthalte von J.D.

Danach wollte der Vorsitzende wissen, wie oft sich J.D. in der Zeit in Leipzig aufgehalten habe. Er sei mehrmals da gewesen, könne das jedoch nicht genau sagen. Er sei auch aus privaten Gründen in Leipzig gewesen. Dafür, dass er nicht in Leipzig gewohnt habe, sei er häufig in der Stadt gewesen; er schätze so einmal im Monat, mal mehr, mal weniger.

#Scouting-Tätigkeit: Verhaltensweise, Technik, Kleidung

Danach ging es wieder allgemein um die Funktion des so genannten Scouts und die Frage, ob der Begriff nicht eher auf Taten wie Eisenach II (siehe den Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplexe Eisenach II – (Leon Ringl)) angewandt werden würde. Laut J.D. sei das vom Prinzip her dasselbe, die Funktion würde der Örtlichkeit angepasst werden. Es gehe immer um Aufklärung und die Übermittlung relevanter Informationen.

Typische Verhaltensweisen in dieser Funktion seien an die Situation angepasst worden. Er habe sich immer um ein unauffälliges Erscheinungsbild bemüht, damit sich danach niemand an ihn erinnern könne. Auch beim Telefonieren habe er geschaut, dass es nicht zu viel sei; vor allem müsse das Telefonat im passenden Moment abgesetzt werden.

Die genutzten Telefone seien so genannte Safehandys gewesen, deren Nummer er bereits in Berlin besorgt hätte. Der Vorsitzende wies auf die Gesetzesänderung zur Registrierung beim Erwerb von Sim-Karten aus 2017 hin, diese sei J.D. bekannt gewesen.

Die Nummern habe er dann vorab per Jabber verschickt, manchmal seien sie aber auch erst vor Ort ausgetauscht worden. Meist sei seine Anreise losgelöst von der der anderen Beteiligten gewesen, sodass die Nummer vorher ausgetauscht worden wäre.

Nach den Telefonen selbst befragt, gab J.D. an, dass es die ersten gewesen seien, die auf dem Markt waren, also solche, mit denen man nur telefonieren und SMS verschicken könne. Der Vorsitzende hielt sein eigenes Mobiltelefon hoch und erfragte, ob es sich um ein solches Modell handeln würde, was J.D. bejahte. Er habe solche Telefone nicht zu Hause auf Vorrat gehabt, sondern sie anlassbezogen gekauft. Sie seien immer verfügbar gewesen.

In Bezug auf Kleidung wurde J.D. gefragt, ob sich darüber ausgetauscht wird, was zu tragen wäre. Einen Austausch darüber habe es generell gegeben, es sei jedoch der Entscheidung Einzelner überlassen gewesen, wie sie das handhaben. Er selbst habe das sehr strikt gehandhabt, weil er durch seine Bewährungsstrafe (Anmerkung: J.D. erhielt im Zuge der Teilnahme an Protesten während der Eröffnung des EZB-Neubaus im März 2015 in Frankfurt/Main Bewährungsstrafe.) immer eine Aufdeckung befürchtet habe. Darum habe er Scouting gemacht, weil er so „einen guten Beitrag zu militanter Politik leisten konnte“. Entkoppelt von der eigentlichen Frage fühlte sich J.D. dazu bemüßigt, anfügen zu müssen, dass für ihn Scouting derselbe Beitrag gewesen sei, wie selbst bei einem Angriff beteiligt gewesen zu sein. Andere, so behauptete er, seien nicht zufrieden gewesen, wenn sie nicht selbst beteiligt gewesen wären, ihm sei es aber nicht so gegangen. Trotz der Selbstbeweihräucherung musste J.D. dennoch eingestehen, dass alleine Zugfahren ja auch ab und an etwas langweilig sei.

#Spuren: DNA, Nutzung und Reinigung von Gegenständen

Gefragt, ob er zwischen der politischen Arbeit, also Angriffe auf Rechte zu verüben, und dem Risiko in den Knast zu gehen, abgewägt habe, meinte J.D., dass das Risiko ja trotzdem da gewesen sei. Ihm sei jedoch klar gewesen, dass nach der Bewährung in Frankfurt am Main und mit dem offenen Verfahren in Frankreich, ein DNA-Treffer bei einer körperlichen Auseinandersetzung möglich sei und er wollte seine Risiken so gering wie möglich halten. Beim Scouten habe DNA keine Rolle gespielt, da er keinen Berührungskontakt mit den späteren vermeintlichen Opfern gehabt habe.

Er habe sich auch angewöhnt, nichts zurück zulassen. So habe er zwar geraucht, aber seine Zigaretten nicht auf dem Boden liegen lassen. Was nicht da sei, verringere das Risiko, so J.D.. Das werde jedoch unterschiedlich gehandhabt und das sei auch in diesem Verfahren zu sehen, dass es unterschiedliche Sicherheitsempfinden gäbe.

Auf die Frage, ob DNA ein Thema in der militanten Szene gewesen sei, verwies er auf ein Gespräch, das er mit einem Beschuldigten geführt haben will. Dieser habe dabei die Auffassung vertreten, dass bei einer körperlichen Auseinandersetzung die Wahrscheinlichkeit geringer sei, dass DNA zurückbleibe, als wenn beispielsweise ein Stein in ein Gebäude geworfen werden würde. Diese Auffassung habe J.D. nicht vertreten, er habe Treffer vermeiden wollen. Ein DNA-Treffer sei jedenfalls der zweite Worst-Case nach einer Festnahme.

Der Vorsitzende wollte wissen, ob sie sich über Methoden ausgetauscht hätten, um DNA-Spuren zu vermeiden. Das bejahte J.D. und gab an, dass es verschiedene Ansätze gegeben hätte, auch gar keine Gegenstände zu benutzen.

Ob und wie Gegenstände gereinigt worden seien und welche Absprachen es dazu gegeben haben soll, wollte der Vorsitzende anschließend in Erfahrung bringen.

J.D. meinte, bei Tatwerkzeugen sei darauf geachtet worden, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Das schien den Vorsitzenden zu interessieren, da ja auch in Eisenach ein Hammer dabei gewesen sein soll, der ja angefasst worden sein muss. Dazu konnte J.D. nichts sagen, da er nicht dabei gewesen sei.

Dann ging es wieder um die Frage, wie die Spuren zu vermeiden gewesen seien und inwiefern darüber gesprochen worden sei. J.D. meinte, Dinge seien mit Chlor gereinigt und nur mit Handschuhen angefasst worden, die zuvor keinen Kontakt mit der Kleidung haben sollten. Gegenstände seien in Tüten gepackt worden, die keine Spuren enthalten sollten. Manchmal seien die Gegenstände dann am Tatort ausgepackt, benutzt und wieder mitgenommen worden. Danach seien diese gereinigt worden.

Bei den Trainings sei darüber gesprochen worden, wie die Benutzung von Gegenstände verschleiert werden könne. Exemplarisch erwähnte J.D. eine Tüte. In diese könne der Gegenstand gepackt werden, wodurch die Zielperson nicht erkennen könne, mit welchem Gegenstand sie getroffen worden sei. Einen Beschuldigten schrieb er zu, Stoffbeutel dafür genutzt zu haben.

Dann fragte der Vorsitzende, ob ihm die Internetseite Projektwerkstatt bekannt sei, was J.D. verneinte. Auch auf die Frage eines Beisitzers, ob andere Quellen genutzt worden wären, um sich über Sicherheit in Bezug auf Kommunikation, DNA und anderes zu informieren, konnte J.D. nichts sagen.

Danach wollte der Vorsitzende wissen, ob sich J.D. mit einem der Angeklagten mal über DNA unterhalten habe, was dieser nach einer Denkpause damit beantwortete, dass er davon ausgehe, ihm aber kein Kontext einfalle.

#Scouting-Tätigkeit

Abermals ging es zurück zum Thema Scouten. Der Vorsitzende wollte wissen, ob neben den rechten Veranstaltungen auch konkrete Einzelpersonen beobachtet worden seien. J.D. meinte, dass er hauptsächlich im Zuge von diesen Versammlungen gescoutet hätte. Bei dem rechten Erzieher in Hellersdorf (siehe Bericht des 61. Prozesstags, am besten die Suchfunktion nutzen :), sei das keine Scoutfunktion gewesen, da sie sich ja nur die Umgebung angeschaut hätten, um einen optimalen Rahmen ausarbeiten zu können. Das stand nicht in Zusammenhang mit einer konkret auszuführenden Tat. So etwas wie Ringl sei ein Einzelfall gewesen; bei „Ausfahrten“ wäre es hingegen die Regel gewesen, zu scouten.

Ob diese Fälle, bei denen J.D. beteiligt gewesen sei, immer in Kontext zu Personen aus Leipzig gestanden hätten, bejahte er und konkretisierte, dass es immer im Kontext zu einer beschuldigten und einer angeklagten Person gestanden habe. Die beiden hätten immer zusammen agiert.

Danach fragte der Vorsitzende, ob J.D. jenseits von Weißenfels mal Teil eines Zugriffsteam gewesen wäre, was dieser verneinte. Für ihn habe das Scouten ideal gepasst.

#Frankfurt: Bewährung des J.D.

Dann kam der Vorsitzende auf die Demo zur EZB-Eröffnung in Frankfurt zu sprechen und wollte wissen, ob Ausschreitungen im Vorhinein so geplant gewesen seien, was der J.D. bejahte. Sie seien dort gemeinsam aus Nürnberg wegen der Teilnahme an „Ausschreitungen“ hingefahren.

Er sei dann – aufgrund der Teilnahme an diesen Ausschreitungen – 2016 zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden und habe danach keine solcher Tätigkeiten mehr ausgeübt. Zwischen der Verurteilung und Eisenach II sei er nur bei einigen „Ausfahrten“ als Scout tätig gewesen.

Der Vorsitzende wollte eine möglichst genaue Anzahl erfahren und J.D. zählte nach, indem er etwas auf seinen Block kritzelte. Die Verteidigung warf ein, dass dies problematisch für J.D. und die Strafbemessung sein könnte, was der Vorsitzende nach langer Diskussion und der Aussage J.D.’s, dass er dazu nun doch nichts sagen wolle, so hinnehmen musste. Schlüter-Staats beschwerte sich noch über das Einmischen der Verteidigung, weil diese eine solche Zahl natürlich nicht hören wollen würde und erklärte, sie dürfe nur reden, wenn er das Wort erteile.

#Scouting-Tätigkeit in Chemnitz

Im Anschluss wollte der Vorsitzende wissen, wer an der zweiten „Ausfahrt“, die J.D. zu Beginn benannt hat, beteiligt gewesen sei. Diese Frage konnte J.D. nicht beantworten, weil er damals direkt vom Leipzig nach Chemnitz gefahren sei und die Leute nicht gesehen habe, es sei für ihn ja auch besser, wenn er weniger wisse.

Dann fragte der Vorsitzende, mit wem J.D. auf dieser Fahrt telefoniert habe. Er nannte zwei Namen, u.a. den eines Beschuldigten. Der Plan für die Chemnitz-„Ausfahrt“ stamme angeblich von einer beschuldigten und einer angeklagten Person.

#Scouting-Tätigkeit nach Eisenach II und #Tarnung

Der Vorsitzende wollte wissen, ob J.D. nach Eisenach II noch einmal für eine Scoutfunktion angesprochen worden sei. Der überlegte halblaut und kam zu dem Schluss, dass er danach keine Aufgaben in diese Richtung mehr übernommen habe. Er habe sich nur noch einmal mit einem Beschuldigten in Berlin getroffen, um ihm eine Lieferbox mit zugehöriger Kleidung zu übergeben, die er für ihn bei einer Plattform für Kleinanzeigen gekauft habe. Diese habe der Beschuldigte zu Tarnungszwecken gebraucht. Dieses Treffen habe Ende 2019 oder Anfang 2020 stattgefunden.

#Wurzen: Absage des J.D. als Scout

Wieder zurück zu den Scouttätgkeiten: Der Vorsitzende fragte explizit danach, ob J.D. nach Eisenach II noch einmal angefragt worden sei. Dies verneinte J.D., weil er damals wegen des Verfahrens in Eisenach womöglich im Fokus der Ermittlungen gestanden habe, habe er es nicht für schlau gehalten, Straftaten zu begehen.

Das verwirrte den Vorsitzenden, da er dachte, dass das mit dem Blitzerfoto erst im Frühjahr 2020 bekannt geworden sei und J.D. bis dahin gar nicht wusste, dass er mit Eisenach in Verbindung gebracht wurde. Dieser sagte trotzdem, dass er vorsichtiger geworden sei und blieb bei seinem Nein.

Der Vorsitzende fragte dann explizit nach, ob er für die Scouting-Tätigkeit im Kontext von Wurzen im Februar 2020 (siehe den Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplex Wurzen) gefragt worden sei. Das bejahte J.D. nun plötzlich, er habe diese Anfrage lediglich vergessen. Er habe aus „privaten Gründen“ abgesagt. J.D. sei aber noch gefragt worden, ob er Leute aus Nürnberg und Berlin für das so genannte Zugriffsteam anfragen könne, was er jedoch nicht mehr gemacht habe.

Je nach Laune des J.D. habe dieser die Anfrage bzgl. der Scouting-Tätigkeit drei bis vier Wochen vor der Tat erhalten oder eben auch mal nur ein bis zwei Wochen zuvor. Im Zuge der Befragung erinnerte sich J.D., dass er nicht nur aus privaten Gründen abgesagt hätte, sondern nun auch wieder seine Bewährung eine Rolle gespielt habe. Er hätte wohl mit dem Zug auch wieder zurückfahren sollen und er habe vermeiden wollen, sich in der Nähe der Straftat aufzuhalten. Die Tatortnähe wolle er vermeiden, da er sonst in den Verdächtigenkreis hätten rücken können, weil er „als linksmotivierter Straftäter“ gespeichert gewesen sei und so in den Fokus von Ermittlungsbehörden hätte geraten können.

Der Vorsitzende wollte wissen, um was für eine Veranstaltung es sich gehandelt habe. Es sei der so genannte »Trauermarsch« in Dresden gewesen.

Zwischendurch gab es kurze Verwirrung wegen Jabber, da der Vorsitzende ein solches Gespräch mit einem Anruf gleichsetzte, J.D. versuchte daraufhin, das Chatprogramm zu erklären und meinte, dies sei ein „vertextetes Gespräch“.

#Pause 🙂

Zuvor hatte die Verteidigung um eine Pause gebeten, welche dann gewährt wurde. Nach dieser waren wie üblich alle pünktlich zurück, der Senat brauchte jedoch auch wie üblich doppelt solange, um die Plätze erneut einzunehmen.

#Wurzen: Kennverhältnisse

Danach kam der Vorsitzende erneut auf Wurzen zu sprechen und wollte wissen, ob die Stadt selbst im Jabber-Chat benannt wurde, was J.D. bejahte, obwohl im Vernehmungsprotokoll des LKA Sachsen etwas anderes stünde. Das sei ihm jetzt wieder eingefallen, da er mehr über den Jabber-Chat nachgedacht habe und nun auch wieder wisse, dass er wegen des Risikos die Funktion nicht habe übernehmen wollen.

Nun wollte der Vorsitzende wissen, ob J.D. mitgeteilt wurde, ob Menschen aus Berlin dabei sein würden, woraufhin J.D. nur erneut meinte, dass er Leute aus Berlin und Nürnberg hätte fragen sollen.

Auf die Frage, wen er in Berlin hätte fragen können, nannte J.D. einen Spitznamen für einen vermeintlichen Personenkreis. Dieser hätte auch so „Ausfahrten“ umgesetzt. Er meinte zudem, dass andere Personen aus anderen Städten auch an solchen Sachen teilgenommen hätten, aber er habe zu so einem Thema noch nie mit denen in einem Auto gesessen.

Nun wurde er nach den Beziehungen untereinander gefragt und der Vorsitzende wollte wissen, ob die Leipziger oder die Berliner (hierbei nannte er auch Namen) etwas mit den Nürnbergern zu tun gehabt hätten.

Daraufhin machte J.D. Angaben zu angeblichen Kennverhältnissen.

Warum er bestimmte Angeklagte oder Beschuldigte nicht bei den potentiell anzufragenden Personen aufgezählt habe, konnte J.D. sich nicht erklären, dies sei eine gute Frage.

Er erinnere sich, dass sie sich im Jabber-Chat darauf geeinigt hätten, dass er andere Personen fragen würde, darum sei er gebeten worden. Wenn er sie angesprochen hätte, hätten die alles weitere ohne ihn geklärt.

#Scouting-Tätigkeit: Wurzen, Eisenach II und Hellersdorf

Im Anschluss befragte ein beisitzender Richter J.D. erneut zum »Trauermarsch« in Dresden.

Er wollte wissen, ob J.D. erklärt worden wäre, warum er an diesem Tag auch hätte mit dem Zug zurückfahren sollen, was dieser verneinte.

Dann wollte der Beisitzer wissen, ob Ringl tatsächlich der einzige Fall gewesen sei, wo er an dem Angriffstag gescoutet habe, was J.D. bejahte.

Auf die Frage, ob er abgesehen von der Sache in Hellersdorf noch andere Ausspähtätigkeiten ausgeübt hätte, wollte J.D. nicht antworten.

Trainings

In Bezug auf die Trainings sagte J.D. zu angeblich regelmäßig stattfindenden Szenariotrainings in einem Leipziger Hausprojekt und zu größeren Trainings aus.

Er habe nach Eisenach II und auch nach den Hausdurchsuchungen im Juni 2020 noch an dem Training in dem Hausprojekt teilgenommen. Diese seien jedoch nach Eisenach II weniger geworden. Er habe zuletzt mit einem Beschuldigten dort trainiert, bevor er nach Warschau gegangen sei, das müsste im Juli 2021 nach seinem Geburtstag gewesen sein. Dieses Training habe in einer anderen Personenkonstellation stattgefunden.

Wie kam J.D. an Freunde und militante Politik?

Bevor die Befragung zu den Trainings fortgeführt werden sollte, wollte der Vorsitzende wissen, wie J.D. militante Politik verstehe und wie er dazu gekommen sei. Vor allem interessiere ihn, wann er die Mitbeschuldigten kennen gelernt habe und in welcher Beziehung sie zueinander stünden. Er sei ja die einzige Informationsquelle, um herauszufinden, wie Menschen dazu kämen, so etwas wie Eisenach II zu machen.

Es habe bei ihm mit einem generellen politischen Interesse in der Schulzeit angefangen, seine Familie sei geschichtsinteressiert und es habe mit den Römern und den Griechen angefangen, die hätten den Grundstein für sein geschichtliches Interesse gelegt. Durch den Geschichtsunterricht habe er dann auch von Themen mitbekommen, wie der NS-Zeit und dem Holocaust, habe dazu was gelesen und dann habe sich das so entwickelt. Geschichte sei ja ein fortlaufender Prozess und ließe sich ja von Büchern in die Gegenwart übertragen und dann würde es realer werden. Da habe er für sich festgestellt, dass es in Deutschland aus verschiedenen Gründen noch Neonazis gäbe und da habe er angefangen, sich mit politischen Systemen auseinanderzusetzen.

Er würde sich nicht anmaßen, für alle Leute zu sprechen, aber bei ihm sei das so gewesen, da wäre im Geschichts- und dann auch im Deutschunterricht diskutiert worden und dann habe auch Sozialkunde eine Rolle gespielt. Das habe das alles politisch für ihn vermischt und er habe gedacht, es gäbe eine Handlungsnotwendigkeit in der Gesellschaft und er wolle seinen Beitrag leisten, das habe sich dann so aufgebaut und er habe Leute kennengelernt, die politisch interessiert seien und mit denen habe er gelesen und diskutiert.

Bis zu diesem Teil der Ausführungen kam es schon zu mehreren kleineren und größeren Belustigungen und Ungläubigkeit auf beiden Seiten der Scheibe. Es wurde mitunter kommentiert, dass bayrische Realschulen wohl ab sofort vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten.

Dann meinte J.D., er hätte 2008 die ersten Berührungspunkte zur linksradikalen Szene gehabt, das sei noch im Dorfkontext gewesen, dort habe er sich politisch organisiert und eine Dorfantifa gegründet. In der Stadt habe es ein Autonomes Jugendzentrum gegeben, wo sie sich regelmäßig getroffen hätten. Sie hätten viel darüber nachgedacht, was sie machen wollen würden ; zudem hätten sie sich mit militanter Politik wegen des MG-Verfahrens 2009 auseinandergesetzt.

Da hätte er gemerkt, dass es auch neben Demonstrationen die Möglichkeit für politische Praxis gäbe und das sei nicht auf einem so hohen theoretischen Niveau.

Sie hätten keine Anknüpfungspunkte zur größeren Stadt gehabt, hätten aber ihr Ding gemacht, seien viel gereist, auf Demos gewesen, hätten Leute kennengelernt und sich bayernweit vernetzt. Das habe sich dann entwickelt und sie hätten festgestellt, das militante Politik ein legitimes Mittel sei.

Der Vorsitzende wollte nun von J.D. wissen, was da seine Überlegungen waren, was J.D. schwierig fand. Schlüter-Staats zeigte Verständnis, da die Situation auch ein bisschen komisch sei, er sitze hier ja vor einem Staatsschutzsenat.

Dann habe er mit einem Vergleich versucht zu vermitteln, dass Gewalt als politisches Mittel in Berlin und Hamburg mit den vielen Ausschreitungen vielleicht anerkannter gewesen sei, aber dass es auch bei ihnen in der kleinen Stadt »Autonome Nationalisten« gegeben hätte und sie gucken mussten, was sie machen könnten.

Sie seien umtriebig und motiviert gewesen und seien viel herumgekommen.

Hier hakte der Vorsitzende ein und stellte fest, dass bis dahin bei ihm selbst nicht so viel anders gewesen sei, Geschichte und NS sei auch seine politische Sozialisation gewesen, aber er würde noch lange nicht so etwas wie Eisenach II machen.

Nun sei die Frage, ob wenn J.D. von Gewalt als legitimen Mittel spricht, das auch militante Politik bezeichne, also dies gleichbedeutend mit der Ausübung von Gewalt sei.

J.D. meinte, es sei militante Politik, wenn es um direkte Aktionen gehe, egal, ob die vorher geplant gewesen seien oder nicht. Sachbeschädigungen auf Demos oder allgemeine strafbare Handlungen zur Durchsetzung der politischen Interessen mache für ihn militante Politik aus. So darüber zu sprechen, fühle sich für ihn idiotisch an. Er habe nicht das Gefühl, dass er damit etwas bewirkt habe. Damals habe er gedacht, dass das Handeln eine Wirksamkeit hätte und es sei egal gewesen, ob die nachhaltig sei oder nicht.

Er sei mit den Standpunkten von Personen und dem Gesellschaftssystem nicht zufrieden gewesen und habe gedacht, er müsse die Welt verändern, da habe sich das als Mittel der Wahl für ihn herausgestellt.

Der Vorsitzende bezweifelte, dass um die Gesellschaft (auch mit Gewalt) zu verändern, Leon Ringl nicht seine erste Idee gewesen wäre.

Schlüter-Staats fragte J.D., ob das ein kommunikativer Prozess gewesen sei, also das Handeln Schritt für Schritt gegangen sei. Ob sie überlegt hätten, was sie bewirken könnten und was sie tun müssten.

J.D. bezeichnete es als eine Mischvariante, in der sie das Bedürfnis hatten, so zu handeln, dass es eine Veränderung mit sich führt. Dies sei rückblickend völliger Quatsch und nie nachhaltig gewesen.

Beim Begehen von Straftaten sei eben das Gefühl der Selbstwirksamkeit aufgekommen, zudem hätte es ein unmittelbares Ergebnis gegeben, welches darüber hinwegtäusche, dass es nicht nachhaltig sei. Wenn er nach Frankfurt zurückblicke, spiele da sicher auch eine Erlebnisorientiertheit eine Rolle, obwohl er den politischen Anspruch nicht wegreden wolle, sei das bei militanter Politik so, das möge ja jeder.

Der Vorsitzende merkte nun an, dass es ja bei der EZB-Eröffnung 2015 auf Krawall angelegt gewesen sei und nun ginge es explizit um Rechtsextremisten, ob sich da für J.D. etwas weiterentwickelt hätte.

Für J.D. sei das Themenfeld ein anderes, aber nach dem damaligen politischen Verständnis habe er sich ja für viele Themen interessiert. Man sei gegen Faschismus, Kapitalismus, Rassismus, was auch immer, gewesen und da hätten sich dann unterschiedliche Handlungsweisen ergeben.

Bei Antifapolitik sei die unmittelbare Wirksamkeit Leute direkt zu schädigen da. Nach seiner Bewährung sei ihm klar geworden, dass Politik auch in anderer Form ausführbar sei, also in klandestinen Aktionen, wo das Ergebnis ein ganz anderes sei und das Risiko auch viel geringer. Bei Demos müsse mit Festnahmen gerechnet werden, bei anderen Sachen zwar auch, aber das sei ein geringeres Risiko.

Die Entwicklung, Gewalt als wichtig zu erkennen, sei ein Prozess gewesen, man taste sich da heran und schaue, wie es funktioniere und und ob es passen würde. Manche würden sagen, das sei nicht ihre Welt, andere meinen, das passe zu ihnen und sie wollten weitermachen, das sei „typencharakterabhängig“. Für ihn sei das MG-Verfahren ein wichtiger Punkt und beispielhaft für klandestine Varianten gewesen. 2009/2010 habe er sich die Frage gestellt, mit welchen Inhalten er sich beschäftigen wolle.

Der Vorsitzende schien erneut verwirrt, da er meinte, anhand dieses Verfahrens schien es nicht erfolgversprechend zu sein, zu handeln, ohne Spuren zu hinterlassen.

J.D. meinte, der inhaltliche Diskurs, der über die Veröffentlichungen geführt wurde, habe einen hohen Wirkungsgrad gehabt. Er wisse zwar nicht, wer das alles gelesen habe, aber das sei nicht so die klassische autonome Szene gewesen. Nach außen schien das ein Personenkreis zu sein, der im Leben gestanden habe, politisch gebildet gewesen sei und nicht nur Sachbeschädigungen begangen habe. Sie hätten nicht nur Dreizeiler verfasst.

Der Vorsitzende wollte wissen, welche Diskurse es gegeben habe und J.D. sagte: „die Militanzdebatte“, konnte jedoch nicht sagen, was debattiert wurde, sondern meinte nur, das sei nicht rein dogmatisch gewesen, sondern inhaltlich gefüllt und er hätte das ansprechender gefunden als beispielsweise die RAF oder Hausbesetzungen. Er hielt dies für zeitgemäß und nicht für so überdreht wie die RAF, aber auch nicht so plump, wie die Dreizeiler.

Dann fragte der Vorsitzende, worum es ging, als er in Frankreich vor Gericht stand. Dort sei er wegen einer Demo anlässlich von Polizeigewalt in den Vorstädten hingefahren. Er habe gedacht, dass er das machen könne, weil er ja in Deutschland eine Bewährungsstrafe gehabt habe und dachte, er könne da an Ausschreitungen teilnehmen.

Alle waren überrascht, dass er dort noch nicht verurteilt wurde, sondern das Verfahren noch laufe, J.D. wundere sich ebenso darüber, wie der Vorsitzende auch. Er habe dort eine Woche in Untersuchungshaft verbracht und sei mit Auflagen zurückgekehrt. Er habe sich einmal wöchentlich bei der Polizei in Nürnberg melden müssen und habe ein Betretungsverbot für Berlin und Kontaktverbot zu den anderen Beschuldigten erhalten.

Dann wollte Schlüter-Staats wissen, wie es zu der Veränderung des politischen Anspruchs hin zur militanten Politik kam oder ob er das jetzt nicht mehr formulieren könne, weil es sich geändert habe. J.D. empfand diese Frage als schwierig, weil er sich nicht als Saubermann darstellen wollen würde, aber er habe sich, als er nach Warschau gezogen sei, ganz anders damit auseinandergesetzt. Schon nach den Razzien 2020, die ein einschneidendes Erleben waren, sei klar gewesen, dass es fraglich sei, ob er nochmal politisch aktiv werden könne.

Er habe für sich festgestellt, dass sei nicht mehr möglich, aber dass er hier säße, sei nie sein Plan gewesen. In Warschau habe er einen kompletten strukturellen Wandel durchlebt, deswegen könne er das aus heutiger Sicht nicht mehr sagen.

Der Vorsitzende bat ihn, seine Position von damals zu erinnern und verlas einen Auszug aus seinem Vernehmungsprotokoll, in dem er gesagt haben soll, dass militante Politik für ihn ein Überbegriff für die politische Praxis sei und das übergeordnete Ziel, ideologische und individuelle Positionen würden da keine Rolle spielen.

J.D.: „Vielleicht bin ich da nicht politisch genug …“

J.D. nahm für die Erklärung erneut ein Beispiel zur Hand und bezog sich wieder auf Frankfurt. Dort sei es egal gewesen, mit welchen verschiedenen Strömungen er da zusammen gearbeitet hätte, ob Antideutsche, Anarchisten, Kommunisten, es gäbe da ja verschiedene.

Um handeln zu können, sei es nicht wichtig, die verschiedenen Standpunkte zu diskutieren, aber vielleicht sei er da auch nicht politisch genug. Der letzte Satz sorgte erneut für ein lautes und zustimmendes Gelächter.

Für den Vorsitzenden sei „militante Politik als Überbegriff“ erst einmal inhaltsleer und er schien verwundert, aber J.D. meinte, das sei für viele Leute so.

Er habe sich dazu entschieden, Straftaten zu begehen und militante Politik beziehe sich nur auf die politische Praxis, die dann unterschiedliche Themenfelder treffe, mit denen man sich auseinandersetze.

Er sei früher bei einer Gruppe zum NSU-Komplex gewesen und das habe er als Entscheidungsweg verstanden. Entweder er begehe Straftaten zu Themen oder er arbeite halt offiziell in einer Gruppe. Das könne jeder für sich selbst entscheiden, aber das sei für ihn militante Politik.

Schlüter-Staats stellte nun die These auf, dass sich militante Politik durch die Reaktion des Staates definiere, also durch die Repression.

J.D. antwortete erneut mithilfe des Frankfurt-Beispiels und meinte, dort die Polizei und den Staat anzugreifen, sei Selbstlegitimation gewesen, so zu handeln, wie man das selber als richtig befinde, es gehe ja immer darum, aufmerksam zu machen.

Ein beisitzender Richter wollte nun wissen, ob es Dinge gibt, die er als militante Politik einstufen würde, welche legal sind, was J.D. verneinte. Alles andere sei legalistische Politik.

Der Vorsitzende unterbrach die Sitzung für die Mittagspause und kündigte an, danach erfahren zu wollen, wie er die anderen Beteiligten kennen gelernt habe und wie sich das so räumlich mit Berlin und Leipzig entwickelt habe.

#Kennverhältnisse zu weiteren Beschuldigten

Die Befragung nach der Pause begann ein beisitzender Richter und dieser wollte zunächst wissen, wie er chronologisch all diejenigen kennengelernt habe, die er mit der Tat in Eisenach in Verbindung bringe und in welchen Kontexten.

J.D. begann mit 2009 und erklärte, er habe damals noch zu Dorfantifa-Zeiten einen Beschuldigten kennengelernt. Sie seien viel unterwegs gewesen und hätten Kontakte in andere bayrische Städte gehabt. Dort habe er den Beschuldigten getroffen, sie hätten sich gut verstanden und ICQ-Kontakte ausgetauscht. Sie seien sich danach im Rahmen von Demos immer wieder über den Weg gelaufen, hätten viele ähnliche Leute gekannt, dann sei der Kontakt jedoch verebbt und das Verhältnis habe sich verlaufen.

Er hätte dann eine andere Person getroffen, diese sei dann 2011-2012 nach Leipzig gezogen. Zu ihm hätte er eine freundschaftliche Ebene gehabt und sei dann immer wieder nach Leipzig gefahren. Dann sei er in Leipzig irgendwann dem Beschuldigten begegnet. Sie seien nach und nach wieder ins Gespräch gekommen. Sie hätten festgestellt, dass es noch immer menschlich zwischen ihnen passen würde. Daraufhin hätten sie auch Jabber-Kontakte ausgetauscht und schließlich sei er von dem Beschuldigten auch nach Leipzig eingeladen worden, das sei so 2012 gewesen. So habe er auch eine andere beschuldigte Person kennengelernt.

Er sei in dem Zuge auch zu verschiedenen Anlässen nach Leipzig eingeladen worden, beispielsweise zu einem größeren Training.

Man habe gemerkt, dass man vom Aktionsgrad her nicht überall auf einem Level sei, aber es habe menschlich und politisch gepasst. Man habe dann über verschiedene Sachen geredet, auch über Sport und politische Sachen und dann sei J.D. zum Training in dem Hausprojekt eingeladen worden.

Das sei der Startpunkt gewesen. Dort habe er weitere Beschuldigte kennengelernt. Über das Training komme man sich halt näher und man habe da bei der Vokü miteinander geredet. Er würde sich an eine Zugfahrt mit einem Beschuldigten erinnern, bei der sie sich gut unterhalten hätten und Signal-/Jabber-Kontakte ausgetauscht hätten. Er hätte später in Berlin gelebt. In Leipzig habe er mit anderen Beschuldigten viel Zeit verbracht und dazu nannte er ein paar Situationen.

In Berlin habe er dann zusätzlich Leute kennengelernt, auch einen Beschuldigten. Mit den Beschuldigten habe er regelmäßig Sport gemacht und auch mal einen Tagesausflug. Dann verglich er drei Verhältnisse zu Beschuldigten, von kaum gekannt bis hin zu einem freundschaftlichen Verhältnis.

Ein beisitzender Richter wollte mehr zu den Wohnverhältnissen eines Beschuldigten wissen und J.D. gab alle Orte an, an denen er glaubte, dass dieser gewohnt habe. Auch auf die Frage nach dessen beruflichen Verhältnissen machte er vage Angaben.

Der beisitzende Richter fragte nun, ob Frankfurt etwas mit Leipzig zu tun gehabt habe, worauf J.D. meinte, es habe Kontakte gegeben. Er sei mal in einem Fußballkontext dagewesen und sei einem Beschuldigten und anderen Personen zufällig über den Weg gelaufen und sie hätten dann den Abend zusammen verbracht. Es habe eine Soligala mit Kampfsport und Thaiboxen gegeben.

Zur EZB-Eröffnung sei er nicht mit Leipzigern angereist.

Nun wollte der Beisitzer wissen, ob Weißenfels sicher zeitlich vor Frankfurt gewesen sei, was J.D. nach etwas Überlegen bejahte.

Der Beisitzer hakte nach, ob Weißenfels die erste militante Aktion mit den Leipzigern gewesen sei, was J.D. nicht beantwortete und von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte. Der Vorsitzende bohrte noch eine Weile nach und gab irgendwann auf, nachdem die Verteidigung kritisierte, dass es ihm sehr schwer zu fallen scheint, einen §55er zu akzeptieren.

Großtraining I (#Leipzig): Kennverhältnisse und Inhalte

Nach dieser Auseinandersetzung ging es weiter mit dem zuvor benannten großen Training und J.D. sollte sagen, ob dies der erste Training war, zu dem er eingeladen worden sei, was er bejahte. Er sei damals aus Nürnberg angereist, um teilzunehmen. Es sei vor Frankfurt, also vor 2015, gewesen.

Der Raum sei für das Training vorbereitet gewesen, gefegt und mit Matten ausgelegt. Er war etwa so groß wie ein Tennisfeld und es seien nicht mehr als 25 bis 30 Personen gewesen. In diesem Zusammenhang nannte J.D. auch Namen.

Es sei kein Sparringtreffen, sondern ein Training mit verschiedenen Kleingruppen, Sportgruppen und Einzelpersonen gewesen.

Es seien Trainer angereist, die eine Panne gehabt hätten, weswegen das Training sehr viel später losgegangen sei. Diese Personen habe er dann später wieder kennengelernt und erneut nannte er diverse Namen.

Es seien Bewegungsabläufe und Handlungsweisen durchgespielt worden, aber auch die Idee des Socializens war von Bedeutung. Das Training sei ein abgeschwächtes Szenariotraining gewesen, es sei um Wissensvermittlung gegangen und wegen einer Verspätung sei in einer abgeschwächten Variante der Angriff auf Rechte geübt worden.

Training im Hausprojekt (#Leipzig)

Auf Nachfrage des Beisitzers meinte J.D., dass er zum Training in dem Hausprojekt dazu gekommen sei, nachdem dieses schon existiert habe. Er habe damals noch nicht in Berlin gelebt, sei aber mit einer weiteren Person während eines Winters mal nach Berlin gefahren.

Der Besitzer wollte wissen, wer und wie viele Personen an den Trainings an diesem Ort teilgenommen haben. J.D. zählte als regelmäßige Teilnehmende auf; zusätzlich nannte er einige Personen, die anfangs teilgenommen haben sollen. Er erwähnte eine angeklagte Person, welche er dort nie gesehen habe. Im Weiteren äußerte er sich über die schwankende Anzahl der Teilnehmenden.

Er selbst sei wegen seines Wohnorts nicht regelmäßig bei den Trainings dabei gewesen, vielleicht insgesamt acht bis zwölf mal. Hierzu konnte er aber nicht sagen, ob in dem gesamten Zeitraum oder auf ein Jahr gerechnet.

Hier kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Vorsitzenden und der Verteidigung, da der Vorsitzende einen falschen Vorhalt machte und 10-12 mal, statt 8-10 teilgenommen sagte. Er wollte seinen Fehler keineswegs einsehen und verbat der Verteidigung erneut den Mund und forderte diese auf, sich zu mäßigen.

Die Angaben zu der Häufigkeit der Trainings, die Zeitspanne, in der sie stattgefunden hätten und inwiefern er davon Kenntnis hatte, widersprachen sich mehrfach im Zuge der Befragungen. Aufgrund der Berechnungen des Senats, sollte sich seine Teilnahme auf etwa vier Jahre erstreckt haben, obwohl er selbst von nur von zwei Jahren gesprochen hat. Er meinte, er sei entweder eingeladen worden oder habe selbst nach dem nächsten Termin gefragt.

Ein Frageblock richtete fokussierte den Aufbau des Trainings. Dieses sei, so J.D., nicht hierarchisch organisiert gewesen und basierte auf den Interessen und Erfahrungen der Teilnehmenden.

#Berlin: Umzug des J.D.

Dann gab es erneut einen Sprung in der Befragung hin zu seinem Umzug nach Berlin. Er gab an, dass das nach Frankreich gewesen sein müsste und dachte, dies sei 2018 gewesen. Er habe da seine Erzieherausbildung in Bayern abgeschlossen und habe überlegt, wohin er ziehen wollen würde und wegen der Partnerschaft sei es Berlin geworden. Er glaube, dass sei im Frühling oder Sommer 2018 gewesen. Der Senat glich das mit den Meldedaten ab und meinte, diese Angaben würden so stimmen.

Er habe sich immer da gemeldet, wo er gewohnt habe. An einer Adresse habe er das aus „Verpeiltheit“ versäumt, dort habe er aber einen Nachsendeantrag bei der Post gestellt. Aufgrund dieser Rekonstruktion seiner Wohnorte fiel J.D. nun ein, dass er wohl wirklich vier Jahre an dem Training in dem Hausprojekt teilgenommen habe.

Großes Training II (#Leipzig)

J.D. sei zu einem zweiten Großtraining in Leipzig eingeladen worden, diese Einladung habe unabhängig voneinander durch eine angeklagte sowie eine beschuldigte Person erhalten.

J.D. machte Angaben zur Hallengröße und meinte, es hätten etwa 40 Personen teilgenommen; hierbei zählte er die Städte auf, aus denen die Teilnehmenden gekommen sein sollen.

Inhalt des Trainings sei das Handeln größerer Gruppen gewesen.

J.D. wurde gefragt, ob einer der Beteiligten derjenige aus dem Berliner Park-Treffen sei, was dieser bejahte. Mit den Trainern habe er auch so trainiert und angeblich hätten sie auch zusammengearbeitet. Später hätten sie gemerkt, dass sie ähnliche Leute kennen würden und ähnliche Interessen gehabt hätten, nicht nur politisch, sondern auch einfach sportlich. Danach nannte er Namen und Verbindungen von Person, durch welche er die Arbeitsstelle, über welche J.D. sprach, erhalten habe.

Im Anschluss sollte J.D. sagen, wer alles an dem Großtraining dabei gewesen sei. Er nannte Personen und Orte, aus denen Teilnehmende gekommen sein sollen. J.D. wurde daraufhin nach der Teilnahme konkreter beschuldigter und angeklagter Personen gefragt, an deren Beisein könne er sich jedoch nicht erinnern. In Bezug auf auf einen Angeklagten meinte J.D. dann, er wolle ihm ja kein Unrecht tun, wenn er sich nicht an ihn erinnere und der Beisitzer kommentierte das damit, dass der Angeklagte im speziellen Fall sicher nicht böse wäre.

Das Training zeitlich einzuordnen gelang ihm nicht, es sei wohl während der Saison gewesen wegen eines Fußballspiels. Das wisse er, weil szenekundige Beamte in der Nähe gewesen wären und diese hätten sich darüber gewundert, was die Leute da machen.

Er sollte nun noch einmal versuchen, dieses Training zeitlich einzuordnen. Mit seinen Wohnanschriften konnten keine Brücken gebaut werden.

Standards

Nach einer letzten Pause für diesen Prozesstag setzte der Beisitzer die Befragung fort und wollte nun auf bestimmte Standards hinaus, die es in dem Umfeld der an Eisenach-Beteiligten und der Szene gäbe. Der Begriff sei mehrfach in den polizeilichen Vernehmungen des J.D. aufgetaucht und der Beisitzer wollte wissen, ob solche Standards bei den Trainings in dem Hausprojekt besprochen worden seien.

J.D. wollte einen Kontext gesagt bekommen und ihm wurden „Kleingruppen“ als solcher vorgeschlagen, damit konnte J.D. nichts anfangen, also versuchten sie es mit einem Vorhalt aus einer Vernehmungspassage und J.D. meinte darin nun beispielsweise „Sicherheitsstandards“ erkannt zu haben.

Im Training sei es vor allem um die Abläufe von Szenarien gegangen und die Teilnehmenden hätten im Anschluss ihre zugewiesenen Rollen reflektiert. Hin und wieder sei ein Praxisbeispiel von einer ähnlichen Situation eingebracht worden, aber ihm fiel kein Sicherheitsstandard ein, welcher im dem Kontext besprochen worden sei.

J.D. machte sich dann eine Liste an Sicherheitsstandards im Allgemeinen, welche er abarbeitete.

Er bezog sich auf das von ihm so benannte militante Kleingruppenkonzept und merkte an, es gäbe trotz Standards unterschiedliche Handhabungen, was ja auch im hiesigen Verfahren sichtbar sei, Menschen würden dies unterschiedlich ernst nehmen.

Man sollte weder mit der U-Bahn noch auf direktem Weg fahren. Bei den Treffen nach der Hausdurchsuchung am 10.06.2022 seien sie mit dem Fahrrad auf unterschiedlichen Strecken zu diesem gefahren.

Man spreche auch nicht mit allen Beteiligten darüber, wer bei Aktionen dabei gewesen sei, eine gewisse Verschwiegenheit sei auch ein Standard gewesen.

Bei der Kommunikation habe man zwischen privat und politisch getrennt, aber bei allem sei das weiterhin eine individuelle Entscheidung gewesen und sei von allen unterschiedlich umgesetzt worden.

Nach den Hausdruchsuchungen habe es dann Treffen gegeben, die Online gelaufen seien. Hierbei wurde sich laut J.D. darauf geeinigt, dies nur mit Tails zu nutzen. Bei diesen Treffen sei sich über Akten ausgetauscht worden und über deren Inhalte, wie beispielsweise die Innenraumüberwachung.

J.D. wurde gefragt, ob es in Bezug auf Sicherheit ähnliche „Trainings“ gegeben habe. Dieser meinte, es habe so etwas nicht gegeben, aber kann schon sein, dass andere sich über so etwas unterhalten hätten. Das erste mal, dass sie nach neuen Wegen geguckt hätten, sei nach den Hausdurchsuchungen gewesen.

Daraufhin wollte Schlüter-Staats wissen, was Tails sei und bekam die Antwort, das sei ein Sicherheitsprogramm, wie ein zweites Betriebssystem über USB-Stick.

Der Beisitzer wollte noch wissen, ob es ähnliche Standards in Bezug auf das Vermeiden von DNA-Spuren gegeben habe. Laut J.D. sei das immer wieder Thema gewesen, da es der Hauptanknüpfungspunkt für eine Identifikation bei Straftaten oder der Vorbereitung gewesen sei.

Ob das Transportieren von Tatwerkzeugen in Taschen oder Plastiktüten so etwas wie ein Standard gewesene sei, beantworte J.D. erneut damit, dass das individuell geregelt worden sei. Es sei ein Standard gewesen, sicher zu arbeiten, aber die Umsetzung sei individuell gewesen, aber man könne es als einen Standard bezeichnen, dass keine Gegenstände zurückgelassen würden.

Dies sei auch ein Resultat aus der Verurteilung einer Person wegen eines Steins gewesen.

Dann ging es darum, wie Kleidung gewaschen worden sei, weil J.D. diesbezüglich Chlor erwähnte. Er meinte auf Nachfrage, dass er eine beschuldigte Person kenne, die die Kleidung mit Chlor gewaschen hätte, nicht in Bezug auf Eisenach II aber auf andere Sachen.

In Bezug auf die vorregistrierten Sim-Karten kam erneut die Frage auf, ob man dies als Standard verstehen könne. Dies bejahte J.D. in Bezug auf Straftaten, zudem meinte er, die privaten Telefone seien zu so etwas nicht mitgenommen worden.

Bei den Telefonen sei es egal gewesen, welche Modelle genutzt worden seien. Das sei eher eine Preisfrage gewesen. Er selbst habe sie immer weggeworfen, andere hätten sie vielleicht mehrfach genutzt. Die Handys seien in der Regel nicht in Wohnraumnähe angeschaltet worden, in Nürnberg sei er dafür einmal in einen anderen Stadtteil gefahren und andere Leute hätten das auch so gemacht.

Zu Fingerabdrücken befragt, sagte J.D., dass Handschuhe Standard gewesen seien, um Spuren zu vermeiden.

Die nächste Frage galt der Anmeldung am tatsächlichen Wohnort. Hierauf antwortete J.D. mit verschiedenen Möglichkeiten, beispielsweise, dass nicht erkennbar sein sollte, wo jemand tatsächlich wohnen würde, um sich einer Hausdurchsuchung zu entziehen. Es kann aber auch einfach nachlässig gewesen sein, so wie bei J.D. selbst.

Dann wurde J.D. konkret gefragt, ob er wisse, ob sich ein Beschuldigter immer an seiner aktuellen Wohnadresse gemeldet habe, was J.D. verneinte, er habe aber nicht nachgefragt, warum.

Der nächste erfragte eventuelle Standard war die Lagerung bzw. Aufbewahrung von Sachen, welche belastend sein könnten. J.D. sagte, ihm sei niemand bekannt, der wissentlich belastende Dinge gelagert hätte. Er selber habe kein Depot benutzt, aber einem Beschuldigten schrieb er zu, dass J.D. durch einen Chat verfahren habe, dass dieser Sachen zu einem anderen Ort bringen würde. Trotz diverser Nachfragen konnte er nicht mehr zum Kontext dieser Unterhaltung sagen.

Das nächste Thema war die Bezugsgruppe und die Frage danach, ob diese Bezeichnung eine Rolle für den hier relevanten Personenkreis spiele.

J.D. sei beispielsweise in Frankfurt mit einer Bezugsgruppe gewesen, sie hätten sich damals vorab getroffen und sich hingesetzt und durch strukturiert, mit welchem Bezugsgruppen-Namen sie Straftaten begehen wollten.

Es habe zum Einen ein Code-Wort gegeben, unter dem sie sich während der Begehung der Straftaten hätten sammeln können und zum Zweit ein Code-Wort, welches sie genutzt hätten, um sich danach in ziviler Kleidung wiederzufinden. Eine Bezugsgruppe, so behauptete J.D., sei eine Organisationsform, die dazu da sei, gezielt Straftaten zu begehen und so habe er das in einem militanten Rahmen genutzt. Das schütze vor Repression, da man sich nur mit Leuten zusammen finde, mit denen man an diesem Tag agiere und man könne so die Schlagfertigkeit optimieren, würde also nicht unorganisiert durch die Gegend laufen und könne sich bei Festnahmen wehren. Die Gruppengröße könne variieren, in Frankfurt seien sie zu zehnt gewesen, aber eine Gruppe sei ja per Definition alles ab drei Personen, er habe Gruppen in einer Größe bis zu 15 oder 16 Personen erlebt.

In dem Personenkreis um Eisenach habe er so etwas jedoch nicht erlebt, wenn dann habe er mit ihnen in einem nicht überschaubaren Kreis gehandelt. Bei den hier benannten Taten sei es um viel zu kleine Gruppen gegangen und das Konzept würde nicht greifen.

Damals bei den Großtrainings hätten sie so etwas durchgespielt.

#Training

Die nächste Frage galt dem Standard in Bezug auf eine maximale Angriffszeit. J.D. gab an, dass sie in Szenarientrainings die Angriffszeit immer beschränkt hätten. Das sei eine Zeit gewesen, in der man Schaden anrichten und entkommen könne.

So sei die Chance höher, dass die Polizei noch nicht eintreffe und kein Gerangel entstehe, es sei ja keine dritte Halbzeit, sondern eine Beschädigung. Beim Szenariotraining habe es unterschiedliche Rollen und Szenarien gegeben. Im Weiteren beschrieb J.D. die Ausstattung und Größe des Raumes und ging auf die Übungen und Abläufe dieser ein.

Es habe eine Übersichtsperson gegeben, welche die Situation absicherte und Hinweise an die handelnden Personen gegeben habe. Diese Person habe die Aufgabe gehabt, die Zeit im Blick zu behalten, die Gruppe gegen Eingriffe von außen zu sichern und Kräfteverschiebungen innerhalb der Auseinandersetzung zu überblicken.

Der Vorsitzende wollte wissen, was die Person gemacht habe, sobald die Zeit überschritten war, ob es ein Signal gegeben hätte, was J.D. bejahte. Es habe leicht verständliche Schlagworte gegeben, welche er auch bei den Vernehmungen genannt hätte.

Neben der Übersichtsperson habe es bei den Trainings zwei weitere Rollen gegeben. In der Regel seien das Geschädigte und Angreifende gewesen. Anknüpfend daran gab J.D. wieder, wie die Übungen verlaufen seien, welche Szenarien es gegeben habe und welche Gegenstände in die Übung einbezogen worden wären..

Nach einer Erinnerung durch die Verteidigung, musste der Senat nun zum Ende der Befragung für diesen Prozesstag kommen, dieses schien jedoch noch relevant.

J.D. antwortete auf die Frage, ob die verschiedenen Positionen auch im Training durch gewechselt wurden mit „Ja“. Das Training habe keine Rolleneinteilung gehabt, alle hätten sich in allen Rollen versucht. Er selbst als Scout, habe im Training auch unterschiedliche Rollen ausprobiert.

Auf die Frage, ob sich im Training herauskristallisiert habe, ob bestimmte Personen für bestimmte Rollen besonders geeignet gewesen seien, meinte J.D., dass er das nicht sagen würde, es habe diese Rollen nicht gegeben.

Im Anschluss an diese Fragen wurde noch diskutiert, wie es am nächsten Tag weitergehen soll. Der Vorsitzende meinte, dass dann auch die anderen Verfahrensbeteiligten Fragen zu diesem Komplex stellen könnten.

Frau Geilhorn von der Bundesanwaltschaft schien etwas erbost, da sie der Meinung war, dass der Themenkomplex schon überschritten sei und alles etwas durcheinander ginge, sie müsse sich ja schließlich auch vorbereiten.

Die Verteidigung wolle Fragen eher gesammelt stellen.

Der Prozesstag endete um 16:30 Uhr. Der nächste Prozesstag ist der 05.08.2022 um 09:30 Uhr am OLG Dresden.

https://www.soli-antifa-ost.org/category/prozessbericht/

passiert am 04.08.2022