Film: Mölln 1992 – »Der Zweite Anschlag«
Mo. 14.11.2022
Film: Mölln 1992 – »Der Zweite Anschlag«
Rassistische Gewalt in Deutschland. Eine Anklage der Betroffenen.
19:30 Uhr | BAIZ | Schönhauser Allee 26A (Prenzlauer Berg)
Org: Niemand ist vergessen! ( https://berlin.niemandistvergessen.net/ )
Dokumentarfilm | Deutschland, 2018 | 62min. | Regie: Mala Reinhardt
Sprache: Deutsch und Türkisch mit englischen Untertiteln
»Der zweite Anschlag« erinnert an rassistische Gewalt in Deutschland seit den 1980er Jahren aus einer bislang vernachlässigten Perspektive: Jener der Verwandten, Betroffenen und Überlebenden. Für sie kommt das Nicht-Gehört-Werden von Seiten der Gesellschaft und der Behörden nach dem eigentlichen Gewaltakt einem „zweiten Anschlag“ gleich. Der Film zeigt ihre Bewältigungsstrategien, die gegenseitige Solidarität und Unterstützung und ihren Widerstand gegen das Vergessen.
Das Haus von Ibrahim Arslans Familie wurde 1992 durch einen rassistischen Brandanschlag zerstört – seine Großmutter, Mutter und Schwester starben dabei. Um nicht in einer Asylunterkunft zu landen, bezog der restliche Teil der Familie das Haus nach dessen Sanierung neu. Für Ibrahim Arslan bedeutet das, täglich an den Verlust seiner Lieben erinnern zu werden. Nun erinnert zwar eine Plakette an der Hauswand an den Anschlag, aber zu den offiziellen Gedenkveranstaltungen wird er, der inzwischen in Schulen als Zeitzeuge spricht, nach wie vor nicht eingeladen.
Dieselbe bittere Erkenntnis zog die in den 1980ern als Vertragsarbeiterin in die DDR eingewanderte Vietnamesin Mai Phương Kollath nach dem Brandanschlag auf die Unterkunft ihrer vietnamesischen Kolleg*innen 1992 in Rostock-Lichtenhagen. Um die Verstorbenen wie auch ihre eigenen Erlebnisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, erhebt sie ihre Stimme und spielt Theater am Maxim-Gorki Theater in Berlin: »Ich will den Leuten da draußen sagen, was es mit mir macht. Und ich lass mich nicht fertig machen.«
Vor neutralem Hintergrund kommen die Betroffenen in Mala Reinhardts Dokumentarfilm zu Wort. Sie alle eint die Wut über die unzureichende Aufklärung der rassistisch motivierten Angriffe, die versagende politische Unterstützung und das Bedürfnis, das Trauma auf eine bestimmte Art und Weise zu verarbeiten und hörbar zu machen. Viele der Interviewten engagieren sich in der selbstorganisierten Initiative »NSU-Komplex auflösen«, die organische Anklage gegen die Täter erheben will, an einer würdigen Erinnerungskultur arbeitet und für eine Sichtbarmachung von einheitlichem Rassismus auftritt. Auf das der zweite Anschlag endlich aufhört.
Es wird am Jahrestag des Mölln-Anschlages eine Busanreise zum Gedenken in Mölln geben. Der Bus fährt am 23.11. um 10:30 Uhr vom Ostkreuz. Tickets gibt es für 10 Euro in den Buchläden OH21 und Schwankende Weltkugel.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Silvio Meier-Gedenkens am 21.11. und der »Fight Back«-Antifa-Demo am 26.11. statt.
www.berlin.niemandistvergessen.net
www.fightbackberlin.noblogs.org