Revolutionäre Herzen brennen ewig. Demo und Kundgebung vor dem Frauenknast Berlin-Lichtenberg

Revolutionäre Herzen brennen ewig. Demo und Kundgebung vor dem Frauenknast Berlin-Lichtenberg am 16. August
Nach der Beerdigung unserer Gefährtin Nicole auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde, zog ein kraftvoller Demonstrationszug mit etwa 200 Leuten, Transparenten sowie Pyrotechnik und Bengalos zum Frauenknast in Lichtenberg, um sich dort mit den einsitzenden Frauen zu solidarisieren und gegen die Knastgesellschaft im allgemeinen deutlich zu positionieren.

Zuerst ein Redebeitrag vom Band aus dem Jahr 2019, von unserer Gefährtin Nicole, gehalten auf einer Kundgebung vor dem Knast Berlin-Tegel. Dann folgt ein Beitrag auf italienisch, englisch und deutsch, der sich auch direkt an die gefangenen Frauen in dem Knast in Lichtenberg wendet. Zum Schluss kommen zwei Grußbotschaften zweier Gefährtinnen aus Barcelona in deutsch und englisch.

1. Beitrag von Nicole

Wir sind heute hier, weil wir gegen den Knast und die Knastgesellschaft sind. Gefangen sein endet nicht an den Mauern der Knäste oder anderen Zwangsinstitutionen wie Psychiatrie und Schule. Denn wer nicht selbst drin sitzt, wird vom Staat, von Normen und anderen Mechanismen der Herrschaft, wie bei der Ausbeutung durch Lohnarbeitsverhältnisse, durch Jobcenter oder Investoren stets terrorisiert und maximal kontrolliert. Das Wegsperren von Personen in Knäste zeigt dabei somit nur die Spitze des Eisbergs. Mensch wird von der Gesellschaft ausgeschlossen. Zutritt und einen Weg zurück erhält nur, wer sich angepasst verhält und ausbeuten lässt. In der JVA Plötzensee ist beispielsweise jede dritte Person aufgrund einer Ersatzfreiheitsstrafe gefangen. Eine solche Strafe erhält, wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann, wie z.B. BVG und somit dazu gezwungen wird, das Bußgeld in Tagessätzen abzusitzen. Aber nicht nur bei Ersatzfreiheitsstrafen sind Menschen, die ohnehin schon durch kapitalistische Verwertungslogik, permanente Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, strukturelle Benachteiligung und Diskriminierung an den Rand der Gesellschaft getrieben wurden, besonders betroffen. Dies verwundert nicht, schließlich sind Gesetze nicht vom Himmel gefallen und dienen den Interessen des Kapitals, so z.B. dem Erhalt von Eigentum und der Niederschlagung jeglichen Widerstandes. Dass es verboten ist, sich Obdach in leeren Häusern zu suchen oder weggeschmissenes Essen zu nehmen, ist bezeichnend. Wer sich gegen die Verhältnisse wehrt, wird weggesperrt. Auch Personen, die bewusst gegen die gegenwärtigen Verhältnisse für eine befreite Gesellschaft aufbegehren, z.B. demonstrieren gehen, sich Wohnraum nehmen oder Spenden für politische Arbeit und Organisationen sammeln, werden kriminalisiert und nach Möglichkeit weggesperrt. Hier dienen unter anderem exorbitante Haft- und Bewährungsstrafen dazu, Widerstand zu kriminalisieren, diffamieren und delegitimieren. Wir wünschen allen Gefangenen viel Kraft und wollen ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind. Hinter den Knastmauern wird an euch gedacht. Es wird gekämpft und nicht aufgehört gegen das System, welches sie einsperrt und uns alle gefangen hält, anzugehen. Wir müssen erkennen, dass das, was Menschen in den Knast bringt oder zu Taten veranlasst, gesellschaftliche Probleme sind, die nicht durch eine Strafe, ein Wegsperren gelöst werden. Deshalb sind es die Verhältnisse: Armut, Missbrauch, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung, Ausgrenzung und Ausbeutung, die wir bekämpfen müssen. Gegen die bestehende Knastgesellschaft

 

2. Beitrag vor dem Knast Lichtenberg an die gefangenen Frauen

————-italiano————————

Ciao a tutte voi confinate in questo carcere,Siamo qui oggi per portarvi un breve ma caloroso saluto di solidarietà, non solo il nostro ma anche quello di una nostra compagna e amica che non è più qui con noi. Abbiamo sentito la necessità di venire qui sotto a queste dannate mura nel giorno dei suoi funerali perché la lotta contro ogni tipo di carcere era sempre al centro nella vita di Nicole. Perché nel suo cuore batteva la voglia di liberà, non solo per lei ma per tutte le persone oppresse e sfruttate. Perché lei sognava un mondo diverso, un mondo dove queste mura non esistono. Noi portiamo nei nostri cuori questo medesimo sogno e con ostinazione e forza, cosi come Nicole ci ha mostrato, lotteremo sempre a finché il sogno si trasformi in realtà.

———-english———————–

Hello to all of you confined in this prison, We are here today to bring you a brief but warm greeting of solidarity, not only ours but also that of one of our comrades and friends who is no longer here with us.We felt the need to come here under these damn walls on the day of her funeral because the fight against any kind of prison was always at the centre of Nicole’s life. Because in her heart beated the desire of freedom, not only for her but for all, the oppressed the exploited the rebellion. Because she dreamed of a different world, a world where these walls do not exist. We carry this same dream in our hearts and with obstinacy and strength, just as Nicole showed us, we will always fight until the dream becomes reality.

————–deutsch——————-

Hallo an alle, die hier im Gefängnis eingesperrt sind,Wir sind heute hier, um euch einen kurzen, aber herzlichen Solidaritätsgruß zu überbringen, nicht nur unseren, sondern auch den einer unserer Gefährtinnen und Freundinnen, die nicht mehr unter uns weilt. Wir hatten das Bedürfnis, am Tag ihrer Beerdigung hier unter diesen verdammten Mauern zu sein, weil der Kampf gegen jede Art von Gefängnis immer im Mittelpunkt von Nicoles Leben stand. Weil in ihrem Herzen der Wunsch nach Freiheit schlug, nicht nur für sie, sondern für alle unterdrückten und ausgebeuteten Menschen. Weil sie von einer anderen Welt träumte, einer Welt, in der es diese Mauern nicht gibt. Wir tragen denselben Traum in unseren Herzen und werden mit Hartnäckigkeit und Stärke, so wie Nicole es uns gezeigt hat, immer kämpfen, bis der Traum Realität wird.

 

3. Grußbotschaften aus Barcelona

———————–deutsch—————————-

Und auch hier aus Barcelona gedenken und trauern wir um unsere Gefährtin Nicole, die wir seit Jahren kennen und uns immer wieder in unterschiedlichen Orten Europas getroffen haben und in anarchistischen, antirassistischen und feministischen Kämpfen zusammen gestanden haben. Es haben uns die Ungerechtigkeiten auf eine gleiche Art und Weise beschäftigt, und ein lokaler wie auch vor allem internationalistischer Aufbruch inspiriert. Am Anfang kannten wir uns wenig, aber die geteilten Erfahrungen, Fehlschläge und kleinen Siege schenkten uns Vertrauen und Nähe. So sah ich sie auch immer wieder als ich in Berlin war. Und als ich verhaftet wurde und in Deutschland im Knast war, war auch sie von Anfang an immer solidarisch dabei, und hat mir Unterstützung und Kraft gegeben. Zum Glück konnten wir uns noch einmal letztes Jahr sehen… und so werde ich sie auch immer in Erinnerung behalten. Auch wenn der Verlust um unsere geliebte Gefährtin schmerzvoll ist, so groß ist auch die Freude und der Stolz an ihrer Seite gestanden zu haben, und zu wissen dass unsere revolutionären Herzen, brennend für ein Leben in Freiheit und Anarchie, niemals erlöschen werden!

—————english—————–

As anarchists we often forget how important it is to celebrate, even in pain, and remember and pay homage to our comrades. Those who who have gone and those who are still by our side. As anarchists we should remember more often something so important that no power or repression had yet been able to break our networks of affinity and solidarity. It is thanks to these networks that today we can, even if from far, remember Nicole with you. It would be a lie to say that we were friends. But there is something that always gone beyond that. That is recognition in the complicity of our eyes. Of Nicole we remember with affection exactly that look. That feline looks so much her. We embrace you, comrades in theses hard moment, which bring us togehter and remind, also in memory of those who are not longer here, of all that needs yet to be destroyed, all that remains to be fight for.

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