Berlin: 27. Januar 1945 – Befreiung von Auschwitz – Demonstration in Prenzlauer Berg und Pankow
Kein Vergessen – Kein Vergeben
27. Januar 1945 – Befreiung von Auschwitz
antifaschistische Demonstration
Sa. 27. Januar 2023 | 13:30 Uhr | S-Bhf. Schönhauser Allee
Dank den Befreier:innen
Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz an der ehemaligen deutsch-polnischen Grenze.
Für die rund 8000 Insass:innen, die sich noch im Lager befanden, da sie zu schwach waren, um auf den sogenannten Todesmärschen“ gen Westen deportiert zu werden, war dieser Tag von großer Bedeutung. Die Rettung durch die Rote Armee bedeutete für sie, am Leben zu bleiben und nicht wie von der SS vorgesehen massakriert zu werden. Der 27. Januar war aber auch symbolisch wichtig, da die Befreiung der Vernichtungslager eine wichtige Etappe für den Niedergang des deutschen Faschismus markierte. Das Vorrücken der Roten Armee war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aufzuhalten. Keine drei Monate später stand sie auch schon vor den Toren Berlins um gemeinsam mit polnischen Verbänden und mit Unterstützung deutscher Widerstandkämpfer:innen die Hauptstadt des deutschen Reiches einzunehmen. Ihnen gilt unser Dank, auch heute 79 Jahre nach der Zerschlagung des deutschen Faschismus.
Kein Vergessen der Opfer
Im KZ Auschwitz, dem größten aller Konzentrationslager, wurden zwischen 1940 und 1945 über eine Million Menschen umgebracht. Es war ein Prestigeprojekt der Nazis und essentieller Bestandteil ihres Plans jüdisches Leben weltweit zu vernichten. Gleichermaßen erfüllten die KZs für die deutschen Faschisten die Funktion sich jeglicher Opposition zu entledigen und ihren Traum einer »reinen Volksgemeinschaft« umzusetzen. So fanden in den KZs Nazigegner:innen aller politischer Lager den Tod. Ermordet wurden aber auch queere Menschen, Sinti:zze und Rom:nja oder Menschen, die die Nazis als »asozial« labelten.
Am Beispiel von Auschwitz lässt sich die Zusammenarbeit zwischen den Nazis und der deutschen Großindustrie gut beschreiben: Das KZ Auschwitz III Monowitz wurde im Auftrag und mit Geldern der IG Farben errichtet, die bereits 1933 die NSDAP mit 4,3 Millionen Reichsmark unterstützte. Das Chemieunternehmen IG Farben war ein Zusammenschluss aus den auch heute noch aktiven Konzernen Bayer, BASF und Wacken. Sie nutzten die Gefangenen als billige Arbeitskräfte und schickten diese, sobald sie zu schwach zum Arbeiten waren, ins benachbarte Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Kein Vergeben den alten und neuen Täter:innen
Auch wenn die feige Führungsgruppe der NSDAP sich ihrer Verantwortung durch Selbstmord entzog, ist die Geschichte des deutschen Faschismus damit noch lange nicht beendet. Nicht nur verfehlte Nachkriegsdeutschland, Ost wie West, ihr Ziel der Entnazifizierung um Längen, sondern bis heute ziehen sich rechte Kontinuitäten und Holocaustrelativierung durch Staat und Gesellschaft. Immer häufiger hören wir aus bürgerlichen Kreisen von einem »Schuldkult«, den wir endlich überwinden müssten. Von einer echten Aufarbeitung unserer Vergangenheit kann darum kaum die Rede sein. Um diese Tatsache zu untermauern bedarf es nicht unbedingt eines langen geschichtlichen Rückgriffs. Erst Ende Dezember wurde bekannt, dass Horst Seehofer (ehemaliger CSU-Chef, Innnenminister und bayr. Ministerpräsident) als junger Abgeordneter über Jahre den Verein ZFI unterstützte, welcher seit den 80er Jahren aktiv die Massenvernichtung der Nazis leugnet und relativiert. Nur fünf Monate vorher deckten Journalist:innen auf, dass Hubert Aiwanger (Vorsitzender der »Freien Wähler« in Bayern und auf Bundesebene) in seiner Jugend antisemitische Flugblätter unter Mitschüler:innen verteilt haben soll. In diesem Flugblatt wurden Preise ausgelobt, zum Beispiel: »Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz« oder eine »Nacht Aufenthalt im Gestapokeller, dann ab nach Dachau.« Die Reaktion auf dieses antisemitische Pamphlet war so erschreckend wie auch absehbar zugleich: Es wurden Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Lehrer wegen Geheimnisverrats eingeleitet und die propagierten Enthauptungs- und Genickschussphantasien wurden als Jugendsünde abgetan. Markus Söder kündigte die Koalition mit den Freien Wählern nicht auf. Der Vorwurf des Antisemitismus hatte Hubert Aiwangers Popularität und Beliebtheit indess so gesteigert, dass die Freien Wähler bei den Landtagswahlen im Oktober zweitstärkste Kraft nach der CSU wurden und Aiwangers Wahlkreis ihn mit satten 37,2% belohnte.
Abschließend sei noch mal an die Querdenkerbewegung erinnert, die auf ihren Veranstaltungen offen gelbe Davidsterne trug, sich selbst mit den Opfern in der NS-Zeit verglich und drei Jahre lang ungestört durch Berlin marschieren konnte.
All dies zeigt sehr deutlich, dass dieser Staat bürgerliche Antisemit:innen nach allen Regeln der Kunst verhätschelt und gewähren lässt. Relevante Teile des Staates versuchen die radikalisierten und bereits von innen braun schimmelnden Teile dieser »Mitte« einzuhegen, in der naiven Hoffnung, sie an sich binden zu können. Dabei entwickeln sich gerade in diesen verschwörungsideologischen Milleus eben nicht die Demokrat:innen von morgen, sondern die rechten Attentäter:innen neuen Typs. Es war die Denuziationen jüdischer Nachbar:innen und die Aneignung jüdischen Eigentums durch genau diese radikalisierten, braven Deutschen, welche die industrielle Massenvernichtung der europäischen Jüd:innen erst möglich machte. Darum gibt es auch heute keinen Grund diese Leute zu umarmen, aber genügend Gründe sie aktiv zu bekämpfen.
Am 27. Januar auf die Straße: erinnern, aufklären, kämpfen!
Darum organisieren wir am 27. Januar eine Gedenk- und Antifa-Demo durch Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee. Würdevoll gedenkend und kämpferisch wollen wir auf die Schicksale der Menschen aufmerksam machen, die in unseren Kiezen von den Nazis verschleppt und ermordet wurden. Wir erinnern an Antifaschist:innen wie Else Jahn oder Lore Diehr. Zugleich gehen wir mit unserer Demonstration gegen jene Strukturen und Personen auf die Straße, die sich selbst in der Tradition des deutschen Faschismus sehen und die dessen Wiederaufbau anstreben: Zum Beipsiel gegen die Akteur:innen der Nazipartei »III. Weg« in Pankow-Süd. Hier ist mit Erik Storch eine zentrale Figur der Jugendorganisation des »III. Wegs« mit seiner Nazifamilie ansässig. Aber auch deren Unterstützer:innen leben hier, wie bspw. Uwe Meenen. Meenen gehörte schon zum politischen Vorfeld des Dritten Wegs bevor er bei Nazis angesagt war und warb in seiner Funktion als NPD-Landesvorsitzender früh für eine Zusammenarbeit. Mit seiner Partnerin der Nazipublizistin Angelika Willig wohnt er im Skandinavischen Viertel in Prenzlauer Berg. Dort betreibt er einen Versand, über den er antiquarische Naziliteratur vertreibt, der nach dem Spruch benannt ist, welcher am Einganstor des KZ-Buchenwaldes prgante: »Suum Cuique« – lateinisch für »Jedem das Seine«.
Für uns ist klar: Unsere Gedanken und unser Mitgefühl ist mit all jenen, die der menschenverachtenden NS-Ideologie zum Opfer gefallen sind. Unser Dank und unsere Anerkennung gilt all jenen, die sich trotz der harten Bedingungen gegen den NS Terror gestellt haben. Und für alle, die sich heute, 79 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, herausnehmen die Geschichte für sich zu missbrauchen, bleibt nur unsere tiefste Verachtung!
Kommt darum am Tag des Gedenkens an die Opfer der Schoa mit uns auf die Strasse und lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen.
La Rage – Berlin Ost | instagram.com/larage_berlinost
North East Antifa (NEA) | antifa-nordost.org