Vorläufiges Programm der Anarchistischen Buchmesse Berlin-Kreuzberg 2024 (Stand 02.08.24)

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Programm

Donnerstag, 05. September
18:00 Uhr

Offene Veranstaltung und Diskussion zu anarchistischer Theorie, Veröffentlichungen (Bücher, Broschüren, usw.), Propaganda und Agitation [deutsch]

Auch wenn in den letzten zwei Jahrzehnten die Verbreitung anarchistischer Ideen in Form von Büchern, Broschüren, Übersetzungen, usw. enorm gestiegen ist, bleibt vor uns noch ein langer und steiniger Weg.

Erstens weil im Allgemeinen für die Entstehung dieser, ganz voran alles Schriftliche, die verbreitete Meinung existiert, dass dies meistens entweder mit akademischen Wissen verbunden sein muss oder zumindest mit der Figur der Expertin und des Experten – manchmal auch das absolute Gegenteilige – und das Veröffentlichen von Texten mit akademischen Fähigkeiten und Wissen verbunden sein muss. Was dazu führt, dass die Mehrheit der im deutschsprachigen Raum veröffentlichten Schriften universitären Arbeiten gleichen. Sie wurden für die Universität geschrieben, während des Studiums, als Masterarbeiten, usw., sie sind also ein Zweck und nicht ein Mittel einer revolutionären Bewegung.

Dies widerspricht vehement der anarchistischen und revolutionären Geschichte des Proletariats, wo einerseits Reformisten wie Kautsky und Bernstein, später Lenin auch, die Figur des gebildeten Bourgeois verteidigten, der alleine in der Lage war das Proletariat, den Pöbel, die Penner (diese eher selten) und den Prolos Bewusstsein zu lehren. Ein externer Agent, der diesen Bewusstsein einführen musste, da die ausgebeutete Klasse, ihrer Meinung nach, nicht in der Lage ist am Ende sich selbst zu befreien. Von da an ist die Notwendigkeit einer Avantgarde nicht mehr gegeben, weil sie ja schon existiert.

Zweitens, diese daraus entstehende Unsicherheit sich mit sowohl komplexen und einfachen Fragen auseinanderzusetzen, wie die herrschenden Verhältnisse zu analysieren, zu kritisieren und zu verstehen, um sie danach via der Praxis auch anzugreifen, kann nicht mehr stattfinden, außer die sogenannten „Profis des Wissens“ widmen sich diesen Thematiken.

Nun Akademikerinnen und Akademiker sind keine „Profis des Wissens“, sondern nur akademische Titelsammler und brüskieren sich mit Bildung, aber diese interessiert uns nicht.

Was wir auf der Anarchistischen Buchmesse diskutieren wollen, ist wie eine revolutionäre Bewegung nicht nur sich selbst im kollektiven Sinne bildet, wie sie Wissen generiert, kollektiviert und verbreitet, sondern sich bewusst wird, denn die Geschichte (Vergangenheit wie Gegenwart) beweist uns, dass dies nicht nur möglich ist, sondern auch notwendig.

Wir haben einige Texte von der anarchistischen Gruppe Expandiendo la Revuleta übersetzt, die sich genau auch mit diesen Fragen beschäftigen und die wir dadurch für sehr inspirierend halten.

Die Schwerpunkte der Diskussion sind daher (nicht chronologisch, aber dennoch miteinander verbunden zu verstehen):

– Wie können im deutschsprachigem Raum, aber auch weltweit in Verbindung mit Gefährtinnen und Gefährten, Diskussionen stattfinden, wo wir qualitativ einen wachsenden Prozess der Kollektivierung von Wissen vorantreiben (über Geschichte, über Theorie, über gegenwärtige Kämpfe und Auseinandersetzungen,usw.)?
– Wie können aus dem kollektive Projekte entstehen die in Büchern, Publikationen, Broschüren und weiterem schriftlichem Material münden?
– Wie können wir mehr und mehr Wissen verbreiten? Das heißt nicht nur zu Drucken, sondern auch das Gedruckte zu verteilen, mit diesem weitere Debatten zu führen, weiter Wissen zu kollektivieren.

Hier die Texte:
Texte zur Frage anarchistischer Bücher/Theorie/Propaganda:

– Die anarchistischen Bücher sind keine Werkzeuge – Treffen von anarchistischen Bibliotheken am Samstag den 13.11.21 von expandiendo la revuelta

– Einige Reflexionen rund um die anarchistische Edition und die demokratische Rekuperation von expandiendo la revuelta

– Können „anarchistische Historiker*innen“ aufhören, mit der Macht zu kooperieren? von expandiendo la revuelta

– TOD DER AKADEMIE UND DEREN KOLLABORATEURE von expandiendo la revuelta

20:00 Uhr

De Te Fabula Narratur Communist Publisher Budapest – Vienna 2024

Manifesto of the Arab Surrealist-communists (1975) Brochure [english]

Launch in the spirit of Internationalism and Revolutionary Defeatism.

Freitag, 06. September
18:00 Uhr

Offene Debatte zum Krieg in der Ukraine und die Rolle der anarchistischen Bewegung darin [deutsch/english]

Einer der Schwerpunkte und Hauptanliegen für das Stattfinden der diesjährigen Anarchistischen Buchmesse ist es den Anti-Militarismus, die Desertion/Fahnenflucht aller Soldatinnen und Soldaten, den Landesverrat, die Sabotage an der Kriegsmaschinerie, hier und überall, zu unterstützen und zu verteidigen.

Einst mag die Kritik an jene falschen Anarchistinnen und Anarchisten wichtig gewesen sein, die die Kriegstrommel für den Stellvertreterkrieg der NATO in der Ukraine rühren, wie genau an alle sogenannten anti-imperialistischen Gruppen, die in ihrem falschen Manichäismus die Russische Föderation unterstützten, hauptsächlich gegen die NATO, alles ist dann erlaubt. Sie ist es immer noch, aber es gibt viele andere Themen in diesen und anderen Kriegen des Kapitalismus was uns beschäftigen sollte.

Wir verteidigen weder den Pazifismus, noch sind wir neutral, wie gerne die patriotischen und nationalistischen Kriegstreiberinnen (ob zivil oder militärisch) und Kriegstreiber, die sich als anarchistisch bezeichnen, behaupten. Wir haben vor langer Zeit Stellung bezogen, wir kämpfen für das Ende aller Kriege, allen Elends, allen Hungerns, aller Flucht, aller Inhaftierung, aller Folter… das heißt für die soziale Revolution, gegen die Ursache all dieser, wie vielen anderen, nämlich den Kapitalismus, den Staat, die Nation, den Rassismus, das Patriarchat, … und nicht die Verteidigung, Demokratisierung, Verbesserung und Erhaltung dieser.

Das heißt wir wollen mit allen über eine konkrete Praxis reden, mit all unseren Gefährtinnen und Gefährten aus anderen Städten, anderen Ländern, diskutieren, wie wir nicht nur das kapitalistische System, das die Ursache aller Kriege und Katastrophen auf diesem Planeten ist, sondern auch wie wir Menschen helfen können, die klar sagen, dass sie sich nicht für die Interessen der herrschenden Klasse massakrieren lassen.

Jeder Mensch der desertiert, ob bewusst oder unbewusst, drückt in dem Moment seine Klasseninteressen aus, denn an der Front sind nur Arbeiterinnen und Arbeiter, wie immer. Unsere Interessen sind immer, ob wir es wissen oder nicht, denen der herrschenden Klasse entgegengesetzt. Sie wollen, dass wir mehr und mehr arbeiten, was uns körperlich und geistig kaputt macht, sie wollen, dass wir an die Front gehen, wo wir alleine mit unseresgleichen auf beiden Seiten der Front erschossen, verstümmelt, zum Wrack, gemacht werden.

Auch hier in der BRD und der EU kann niemand übersehen, wie die Regierungen, wie die Staaten die Bevölkerung auf Kriege vorbereitet wird, die militärisch ausgefochten werden. Aber nicht mehr weit weg von den Augen der Öffentlichkeit, der doch so geliebten Menschenrechte und Demokratie, die alle Reformisten und Konterrevolutionäre so gerne hochhalten, während tausende im Mittelmeer ertrinken, in Abschiebeknäste eingepfercht und gefoltert werden, an den Grenzen erschossen werden, bei der Maloche zu Tode kommen, nein wir reden nicht von diesem jetzt schon stattfindendem Krieg des Kapitalismus, sondern dem wo der Kriegsschauplatz hier sein wird.

Die meisten der Kriege, die gerade auf der Welt Menschen und Umwelt vernichten, sind das Resultat eines nie aufhörenden Konkurrenzkampf zwischen kapitalistischen Interessen, die allein und nur für ihr eigenes Überleben kämpfen, ein Konkurrenzkampf der innerhalb der Gesellschaft bis zu einem globalen Ausmaß geführt wird (angefangen mit dem Konkurrenzkampf zwischen dem Proletariat zum zu überleben, zwischen Unternehmen, zwischen Nationen, usw.). Es ist dieser Konkurrenzkampf der Kriege auslöst.

Wir haben erlebt wie sehr oft in kapitalistischen Kriegen Menschen und Gruppen mit ihrem Latein am Ende sind, weil es ihnen sehr schwer fällt die Ursachen von kapitalistischen Kriegen einzuordnen, es sei sie reduzieren alles auf eine vereinfachte Figur der Bösewichte (Putin, Netanyahu, …).

Nun über all diese Fragen und weitere Themen, wie wir dagegen in Aktion treten können, wollen wir auf dieser horizontalen und offenen Diskussion diskutieren.

20:00 Uhr

Veranstaltung zu Utopien und praktischen Versuchen zur Befreiung vom Geld und Eigentum [deutsch]

Das warenproduzierende Patriarchat ist dabei, die Lebensgrundlagen auf der Erde dauerhaft schwer zu schädigen. Es untergräbt dabei auch seine eigenen Grundlagen der Produktion. Wir sollten nicht warten, bis es zusammenbricht. Wenn es nicht noch neue nachhaltigere Wege der Zerstörung findet, wird der Zusammenbruch uns mitreißen.Wir brauchen also nicht nur Widerstand und aufbauende Ansätze. Wir brauchen auch Vorstellungen darüber, wie eine andere Gesellschaft aussehen kann. Die Befreiung vom Geld und Eigentum ist für uns dabei notwendig, aber nicht hinreichend.

Vorgestellt werden in dieser Veranstaltung frühe Utopien zur Befreiung vom Geld und / oder Eigentum und praktische Versuche so etwas umzusetzen. Manche Utopien und Versuche sind sehr spannend und inspirierend. Andere zeigen die Bedeutung unseres Untertitels ‚…und warum das noch lange nicht reicht‘. Wir betrachten die Kämpfe und Ansätze der Vergangenheit in Hinblick darauf, was sie uns heute zu sagen haben. Wir sind überzeugt, dass wir davon noch einiges lernen und im Sinne gesellschaftlicher Emanzipation nutzen können. Das gilt sowohl für die Probleme, die sie nicht lösen oder gar verschärfen, als auch für das noch nicht eingelöste utopische Potential daraus.

Die Kämpfe um die Realisierung der realen Neuigkeiten aus Nirgendwo lässt die herrschende Geschichtsschreibung verschwinden. „Wer seine Vergangenheit nicht kennt, ist verurteilt, ihre Fehler zu wiederholen; die Erinnerung ist, was die Besiegten nicht entbehren können. Sie ist die wichtigste Waffe, manchmal die Einzige, die ihnen bleibt.“ Amorós bezeichnet das Vergessen als vergiftete Frucht der Herrschaft. Das prägt weltweit die aktuelle Herrschaft. Die UdSSR war selbst eine Variante des warenproduzierenden Patriarchats. Aber der Zusammenbruch der UdSSR verengte weltweit sowohl emanzipatorische Räume als auch Diskussionen, weit über das orthodox-marxistische Spektrum hinaus. Kleine Ansätze proletarischer Selbstorganisation wurden neoliberal zerschlagen. Der Anarchismus wurde recht erfolgreich marginalisiert, also an den Rand gedräng

Das was wir in dieser Veranstaltung vorstellen, stammt aus Band 3 unseres Buchprojektes. Dieser ist Mitte 2023 erschienen. Ansätze aus Europa sind leider gerade im Band 3 ziemlich dominierend – wir freuen uns auf Anregungen von euch, das weiter aufzubrechen.

Das Buchprojekt ist das Ergebnis einer 2010 von einer Person geschriebenen Diskussionsgrundlage und eines folgenden, langjährigen, kollektiven Diskussions- und Redaktions-prozesses im Umfeld vom Umsonstladen Bremen. Es ist ein anarchistisches Projekt. Wir beziehen uns dabei insbesondere positiv auf Anarch*a-Feminismus, Anarch*a-Kommunismus und Radikale Ökologie / Öko-Anarchismus.

Band 1 diskutiert die Frage der Entstehung von Geld und Eigentum. Es folgt in Band 1 und 2 eine umfassende Kritik des Bestehenden. Band 3, fortgesetzt im noch nicht gedruckten Band 4, beschreibt Utopien und praktische Ansätze der Befreiung vom Geld und Eigentum aus 2500 Jahren und von allen Kontinenten. Band 5 wird unsere Eigene offene Utopie enthalten und Überlegungen, was sinnvoll sein kann, uns in diese Richtung auf den Weg zu machen.

Die Bücher werden ohne Preisschild verteilt. Es wird keine* daran verdienen. Wir freuen uns aber über Spenden. Spenden fördern direkt die Finanzierung des Drucks weiterer Bände vom Buchprojekt.

Samstag, 07. September

10:00 Uhr

Antipolitika #3: Nationalism (Anarchist Journal from the Balkans) [english]

Antipolitika is an anarchist journal published by a network of comrades from the Balkans (mostly serbia, greece, croatia), but also from other parts of the world. We started our journal with the hope of reinforcing the anarchist movement in the northern Balkans by offering an anarchist perspective on the topics relevant to our social context. Antipolitika is a thematic journal, and the themes so far covered are Anti-militarism (issue 1) and Yugoslavia (issue 2). The journal is published in serbo-croatian, greek and english.

On this occasion we would like to discuss our third issue, dedicated to the topic of nationalism. Some of the topics covered are: critiques of anti-imperialism, critiques of nationalist policies of groups such as Young Bosnia (famous because of an incident in 1914) and the Communist Party of Yugoslavia, the anti-nationalist ideas of Robert Musil, and others.

12:00 Uhr

Vortrag und Diskussion zu den politischen Theorien und militanten Aktionen der Stadtguerilla in der BRD. [deutsch]

Es wird um die Organisationen, ihren sozialrevolutionären Klassen- und Knastkampf, Fabrikguerilla, antiimperialistische Solidarität und antipatriarchalen Kampf gehen.
Mit einem ehemaligen Stadtguerillamitglied und Gefangenen.

[Ergänzung ABMB:] Am 26.02.2024 wurde hier in Kreuzberg Daniela Klette, Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, verhaftet. Offiziell ging mit der Selbstauflösung der RAF eine Epoche zu Ende, nämlich die des bewaffneten Kampfes. Ist dies aber so? Daniela war über 30 Jahre auf der Flucht. Zwei weitere ehemalige Mitglieder der RAF sind noch auf der Flucht.

Eine revolutionäre Bewegung muss sich der Geschichte bewusst sein, ihrer eigenen vor allem. Heutzutage scheinen nur noch wenige zu wissen, was die Geschichte des bewaffneten Widerstandes und Kampfes in der BRD und Westberlin, aber auch weltweit, war. Deswegen finden wir es wichtig dieser Thematik auch aufgrund der Repression, die nie aufgehört hatte – auch wenn einige es entweder vergessen, oder nicht auf dem Schirm hatten – einen gebührenden Raum zu geben um über diese Epoche zu diskutieren und was sie für uns heutzutage bedeutet.

14:30 Uhr

Die Möglichkeit der Weltrevolution Teil 1 und 2 [deutsch]

Mit der Veröffentlichung Die Möglichkeit der Weltrevolution Teil 1 und 2 möchten wir, einen geistigen Impuls zur Radikalisierung des Klassenkampfes leisten. Wir sind uns natürlich bewusst, dass der Hauptimpuls zur Radikalisierung des bewussten Seins des Proletariats dessen eigene Klassenkampfpraxis ist. Auch wissen wir, dass die Wirkung einer Schrift wie Die Möglichkeit der Weltrevolution in nichtrevolutionären Zeiten nur gering sein kann. Aber gerade in solchen reaktionären Zeiten ist revolutionäre Theorie so wichtig – als Ausblick auf ein mögliches zukünftiges bewusstes Sein der Revolution und einer klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft.

[Ergänzung ABMB:] Die Gruppe AST (Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz) präsentiert nicht nur ihre Broschüre „Die Möglickeit der Weltrevolution I;II“, sondern stellt damit die Frage und Affirmation in den Raum, der Notwendigkeit einer Weltrevolution, was als solche wenn nicht selten, sondern nie diskutiert wird.

Die Herrschaft des Kapitals ist international und nur international kann seine Zerstörung sein. Es gibt keinen Sozialismus in einem Land!

https://astendenz.blackblogs.org/2023/01/12/platform-die-moeglichkeit-der-weltrevolution/

17:00 Uhr

FROM UKRAINE TO PALESTINE TOWARDS NEW CONFLICTS: HOW TO BUILD AN INTERNATIONAL ANTI-WAR MOVEMENT?

Since the outbreak of the war in Ukraine, several consistently defeatist and internationalist voices have been heard in the italian-speaking anarchist movement, without these positions succeeding in being translated into concrete and effective fighting action. Only a year later, during the campaign in support of Alfredo Cospito (an anarchist who supported a long hunger strike against the prison regime of torture and annihilation known as 41 bis), the proposal to launch an anti-war assembly was born and materialized in summer 2023 with the birth of the assembly “Sabotage the war” (a national and itinerant assembly) and the publication of the homonymous document “Sabotage the war – call for an international and internationalist mobilization against the war in Ukraine”1.

Our reading of the war in Ukraine has consisted of framing this conflict as “a crucial chapter of a wider rivalry between blocks of capitalist countries battling for control over the world, in which economic, military, and technological supremacy, together with the global geopolitical equilibrium, is at stake” where “the military confrontation with the main adversary of western capitalism, China, becomes ever more tangible”. If we said then that “we are on a slippery slope which could lead to the third world war”, today we can see that we have already gone a long way down this direction. For us, internationalism means “defeatism, that is, criticism of every government starting with „ours“, the attack on all national masters and bourgeoisies[…] Therefore, on this side of the front, we want to oppose and sabotage NATO as much as possible[…] just as our brothers and sisters in Russia fight against the military machine in their camp”. We consider the support of sabotage and defection on both fronts important, as well as the sabotage and defection from the rear, in our camp, of the wars in Ukraine and Palestine. As we have done, among other things, supporting three times the blockade of the port of Genoa, a key Italian logistical infrastructure, participating in the demonstration against the Italian military base in Ghedi and in the demonstration against the „Fiocchi munizioni“ arms factory in Lecco.

Following the outbreak of the conflict in West Asia, our assembly produced and published the pamphlet “La Tempesta – the palestinian glitch in the global war”. We quote here some passages that we consider significant: „The action of 7 October – however one might read it – signified the redemption of the human and oppressed variant against the techno-military omnipotence, against its electronic walls, its drones, its mass surveillance … also because the solution of the Palestinian question cannot take place without the dismantling of an entire colonial system and the western imperialism that supports it. Whatever is in the heads of the Palestinian resisters, liberation from Zionism can only come through a revolutionary clash against our oppressors. Here lies both the relationship between the class struggle in our latitudes and the decolonization of that land, as the need to give a precise meaning to the expression «free Palestine». «Two peoples, two states» is now a joke stained with blood. The “occupied Palestinian territories” account for 22 percent of historical Palestine; one Israeli settler for every three Palestinians is installed in the West Bank; the Palestinian National Authority is a de facto policeman and prison guard employed by the occupier. But above all: never in history has a State of colonized people existed next to a State of colonizers. The prospect of a single, non-confessional state to be erected on the ruins of the Zionist colonial system is certainly more logical and consequential (in fact, this has always been the Palestinians’ claim from the late 1960s until Al Fatah’s “betrayal” with the Oslo accords, and today it is forcefully back in the debate). But such a perspective – which, we repeat, presupposes a real revolutionary process both in the region and in international relations – would lead to the development of that Palestinian bourgeois class that within the colonial system can only remain little more than a privileged and collaborationist class. In a nutshell: as has always been the case in history, in Palestine too, the state, whichever state, would block the way for a genuine social revolution, which is always possible until the time is up.

The evolution of the situations we have analyzed pushes more and more towards the extension of war, the risk of nuclear conflict, the militarization of labour exploitation and the increase of repression on the home front. At the same time, we see the growing possibilities for a general awakening of consciences, for the resurgence of class conflict, and for a radical questioning of the capitalist system.

We are convinced that the ongoing conflicts on the planet are an expression of an overall dynamic of a tendency towards globalization of war, a war in which the exploited have no ‚allies‘ among states, but only in the oppressed in other countries.

From our point of view, a concrete and effective struggle against the war can only begin with the defeat of „our“ state and its allies, then with the condemnation of the role played by NATO in precipitating the crisis, of the dirty business that enriches Western industry thanks to war, of the complicity of scientific research and universities in the ongoing carnage.

We would like to discuss these issues horizontally, starting with the question: How can we stop the war? How can we build an international movement against war? We hope that this meeting will be a constructive step in this direction.

Sabotiamo la guerra assembly

(Ankündigung auf Deutsch, Veranstaltung auf Englisch)

VON DER UKRAINE ÜBER PALÄSTINA BIS ZU NEUEN KONFLIKTEN: WIE LÄSST SICH EINE INTERNATIONALE ANTIKRIEGSBEWEGUNG AUFBAUEN?

Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine waren in der italienischsprachigen anarchistischen Bewegung mehrere konsequent defätistische und internationalistische Stimmen zu hören, ohne dass diese Positionen in konkrete und wirksame Kampfaktionen umgesetzt werden konnten. Erst ein Jahr später, während der Kampagne zur Unterstützung von Alfredo Cospito (ein Anarchist, der einen langen Hungerstreik gegen das als 41bis genannte Folter- und Vernichtungsregime in den Gefängnissen unterstützte), wurde der Vorschlag geboren, eine Anti-Kriegs-Vollversammlung zu organisieren. Ein Vorschlag, der im Sommer 2023 mit der Gründung der Vollversammlung „sabotiamo la guerra“ [lasst uns den Krieg sabotieren] (einer nationalen und wandernden Vollversammlung) und der Veröffentlichung des gleichnamigen Dokuments: „SABOTIAMO LA GUERRA – Appello per una mobilitazione internazionale ed internazionalista contro la guerra in Ucraina“2 [LASST UNS DEN KRIEG SABOTIEREN – Aufruf zu einer internationalen und internationalistischen Mobilisierung gegen den Krieg in der Ukraine] in die Tat umgesetzt wurde.

Unsere Lesart des Krieges in der Ukraine bestand darin, diesen Konflikt als „ein zentrales Kapitel einer umfassenderen Konfrontation zwischen Blöcken kapitalistischer Länder um die Aufteilung der Welt, in der es um die ökonomische, militärische und technologische Vormachtstellung und die Neudefinition der internationalen Gleichgewichte geht“ zu betrachten, wobei „zeichnet sich im Hintergrund die militärische Auseinandersetzung mit dem Hauptgegner des westlichen Kapitalismus, China, ab“.

Wenn wir damals sagten, dass „wir uns auf einer schiefen Ebene befinden, die zum Dritten Weltkrieg führen könnte“, so können wir heute feststellen, dass wir auf dieser Schräge einen weiten Weg zurückgelegt haben. Für uns bedeutet Internationalismus ‚Defätismus, d.h. die Kritik an allen Regierungen, beginnend mit „unserer“, der Angriff auf alle nationalen Bosse und Bourgeoisien[…] so weit wie möglich bekämpfen und sabotieren[…] genauso wie unsere Brüder und Schwestern in Russland gegen den Militärapparat auf ihrer Seite kämpfen“.

Wir halten es daher für wichtig, Sabotage und Desertion an beiden Fronten zu unterstützen. Genauso wie es wichtig ist, die Kriege in der Ukraine und in Palästina, die in unserem Feld sind, von der Hinterseite her zu sabotieren und zu desertieren. Das haben wir unter anderem getan, indem wir dreimal die Blockade des Hafens von Genua, einer wichtigen logistischen Infrastruktur Italiens, unterstützt haben, indem wir an der Demonstration gegen den italienischen Militärstützpunkt in Ghedi und an der Demonstration gegen die Waffenfabrik „Fiocchi munizioni“ in Lecco teilgenommen haben.

Nach dem Ausbruch des Konflikts in Westasien hat unsere Vollversammlung eine Broschüre mit dem Titel „LA TEMPESTA -l’imprevisto palestinese nella guerra globale“ erstellt und veröffentlicht. Wir zitieren hier einige Auszüge, die wir für wichtig halten:

Die Aktion vom 7. Oktober – wie auch immer man sie lesen will – hatte die Bedeutung der Erlösung der menschlichen und unterdrückten Variante gegen die techno-militärische Allmacht, gegen ihre elektronischen Mauern, ihre Drohnen, ihre Massenüberwachung … auch weil die Lösung der palästinensischen Frage nicht ohne die Zerschlagung eines ganzen kolonialen Systems und des westlichen Imperialismus, der es unterstützt, erfolgen kann. Was auch immer in den Köpfen der palästinensischen Widerständler vorgeht, die Befreiung vom Zionismus kann nur durch einen revolutionären Schlag gegen unsere eigenen Unterdrücker erfolgen. Darin liegt sowohl die Beziehung zwischen dem Klassenkampf in unseren Breitengraden und der Entkolonialisierung dieses Landes als auch die Notwendigkeit, dem Ausdruck «Free Palestine» eine präzise Bedeutung zu geben. «Zwei Völker, zwei Staaten» ist heute ein blutiger Witz. Die „besetzten palästinensischen Gebiete“ stellen 22% des historischen Palästinas dar; im Westjordanland kommt auf drei Palästinenser ein israelischer Siedler; die Palästinensische Autonomiebehörde ist de facto ein Polizist und Gefängniswärter im Dienste des Besatzers. Vor allem aber: Niemals in der Geschichte hat es einen Staat der Kolonisierten neben einem Staat der Kolonisatoren gegeben. Die Möglichkeit eines einzigen, konfessionslosen Staates, der auf den Ruinen des zionistischen Kolonialsystems errichtet werden soll, ist sicherlich logischer und konsequenter (dies war in der Tat immer die Forderung der Palästinenser, von den späten 1960er Jahren bis zum „Verrat“ der Fatah mit den Osloer Verträgen, und heute kehrt sie mit Nachdruck in die Debatte zurück). Aber eine solche Perspektive – die, wie wir wiederholen, einen echten revolutionären Prozess sowohl in der Region als auch in den internationalen Beziehungen voraussetzt – würde zur Entwicklung der palästinensischen Bourgeoisie führen, die innerhalb des kolonialen Systems nur wenig mehr als eine privilegierte und kollaborierende Kaste sein darf. Kurzum: Wie immer in der Geschichte, so auch in Palästina, würde der Staat, jeder Staat, den Weg zu einer echten sozialen Revolution versperren, die immer möglich bleibt“.

Die Entwicklung der von uns analysierten Situationen geht immer mehr in Richtung einer Ausweitung des Krieges, der Gefahr eines Atomkonflikts, der Militarisierung der Arbeitsausbeutung und der Zunahme der Repression an der inneren Front. Gleichzeitig sehen wir die wachsenden Möglichkeiten für ein allgemeines Erwachen des Bewusstseins, für die Wiederaufnahme von Klassenkämpfen, für eine radikale Infragestellung des kapitalistischen Systems. Wir sind davon überzeugt, dass die andauernden Konflikte auf dem Planeten Ausdruck einer allgemeinen Dynamik des Trends zur Globalisierung des Krieges sind. Ein Krieg, in dem die Ausgebeuteten keine „Alliierten“ unter den Staaten haben, sondern nur unter den Unterdrückten anderer Länder. Aus unserer Sicht kann ein konkret wirksamer Kampf gegen den Krieg nur mit der Niederlage „unseres“ Staates und seiner Verbündeten beginnen. Und deshalb mit der Anprangerung der Rolle, die die NATO bei der Auslösung der Krise gespielt hat, der dreckigen Geschäfte, an denen sich die westliche Industrie dank des Krieges bereichert, der Mitschuld der wissenschaftlichen Forschung und der Universitäten an dem anhaltenden Gemetzel.

Wir möchten diese Themen horizontal diskutieren. Ausgehend von den Fragen: Wie können wir den Krieg stoppen? Wie können wir eine internationale Bewegung gegen den Krieg aufbauen?

Wir hoffen, dass dieses Treffen ein konstruktiver Schritt in diese Richtung sein wird.

Sabotiamo la guerra Vollversammlung

19:00 Uhr

Les Fleurs Arctiques – How to blow on yesterday’s embers to fan the flames of tomorrow’s struggles and why „No God, No Master! A History of Anarchism“ is failing at it

[français/english/deutsch]

As a part of an ongoing reflection about the history of struggles and the different forms the liquidation of the revolutionary heritage has taken lately, where revolution is nothing but a precious, tender, but dusty souvenir we cherish from afar without ever touching it, we would like to initiate a discussion about why it’s important for revolutionaries to delve into the past in order to get out of the current slump and revitalise a revolutionary perspective.

Tancrede Ramonet’s „No God, No Master, A History of Anarchism“, which aired on Arte a few years ago and has since been widely sharded in the subversive areas, is a blatant example of this ongoing liquidation. This four-part documentary is an attempt to popularise and acquit anarchism through a mythical and identity-based vision of anarchism that aims to legitimise it in the eyes of the average viewer through the creation of a legend with its heros and martyrs, where the episodes of revolt are barely a „proportionate“ and therefore „legitimate“ response to the offensives of the Capital and the State. A legend leading through a continuum to the recent anti-globalisation movements such as Nuit Debout or Occupy Wall Street. Poor Ravachol! In this reductive and ideological vision, anarchists are said to have worked for „social conquers“, and all those who set out for revolution and liberty are forgotten or reduced to the figures of either dangerous madmen or sweet romantic daydreamers.

We think the history of struggles should not be left to the State , academics, or journalists, nor to parties or unions seeking to intervene and recuperate it in their own interests, just like the stalinist historiography did. This also applies to our current struggles by asking ourselves if, and if so how, we should build our own traces.

Far from a certain vision that would suggest that revolution requires education or mass conscientisation, or the postmodern vision that would have us believe there’s nothing of interest before deconstruction ; it is certain that struggles‘ past has a great interest if it’s always approached from the perspective of intervening in the present. Between mythologising a history of great moments and great figures and total disinterest, another way is possible: one that takes an interest in what, in past periods of intense struggle, bore conflictuality, contradiction, dissonance, or rupture with what caused these revolts to fail or be hijacked.

The rich history of revolutionary moments is made up of experiences and attempts, successes, failures, joys, and disappointments must today enable those who continue to carry its legacy to push forward collective reflection and elaboration of the issues, hopes, and difficulties they are now grappling with to finally emerge from museumisation and finally catch a glimpse of revolution!

(français) Comment souffler sur les braises du passé pour attiser le feu des luttes futurs et pourquoi « Ni Dieu Ni Maître, Une histoire de l’anarchisme » est un exemple à ne pas suivre

Dans le cadre d’une réflexion au long cours sur l’histoire des luttes et sur les formes de la liquidation de l’héritage révolutionnaire auquel nous assistons aujourd’hui, où la révolution serait un précieux mais poussiéreux souvenir, qu’on regarderait avec tendresse, de loin, sans jamais le toucher, nous proposons une discussion sur la question de l’intérêt pour les révolutionnaires de plonger dans le passé afin de sortir du marasme actuel et faire revivre pleinement une perspective révolutionnaire.

Le documentaire Ni Dieu Ni Maitre de Tancrède Ramonet, diffusé sur Arte il y a quelques années et partagé assez largement dans les aires militantes, est un exemple édifiant de cette liquidation en cours. Ce documentaire (en 4 parties) est une tentative de vulgarisation et de réhabilitation de l’anarchisme, qui partage une vision mythique et identitaire de l’anarchisme qui vise à le légitimer aux yeux du téléspectateur moyen, en écrivant une légende faites de héros et de martyrs, où les épisodes de révoltes ne sont qu’une réponse “proportionnée” et donc “légitime” aux offensives de l’Etat et du Capital, qui aurait dans un continuum mené récemment à des mouvements altermondialistes comme Nuit Debout ou Occupy Wall Street. Pauvre Ravachol ! Dans cette vision réductrice et idéologique, les anarchistes auraient ainsi œuvré pour les “conquis sociaux” et tous ceux qui se sont mis en mouvement pour la révolution et la liberté, sont ainsi oubliés ou réduits à une figure, au choix, de fous dangereux ou de doux rêveurs romantiques.

Nous pensons que l’histoire des luttes ne doit être laissée ni à l’État, aux universitaires ou aux journalistes, ni aux partis ou aux syndicats qui cherchent à y intervenir et la récupérer pour leurs propres intérêts, à l’image de l’historiographie stalinienne. Cela vaut aussi pour nos luttes actuelles, en se demandant si, et le cas échéant, comment, nous devrions construire nos propres traces.

Loin d’une certaine vision qui voudrait que la révolution passe par l’éducation ou la conscientisation des masses, ou de la vision post-moderne qui voudrait qu’il n’existait rien d’intéressant avant la déconstruction, il est certain que le passé des luttes a un grand intérêt, s’il est abordé toujours dans la perspective d’intervenir dans le présent. Entre mythification d’une histoire des grands moments et des grandes figures et désintérêt total, une autre voie est possible : celle de s’intéresser à ce qui, dans des époques passées de lutte intense, a porté la conflictualité, la contradiction, la dissonance, la rupture, avec ce qui a provoqué l’échec ou la récupération de ces révoltes.

L’histoire riche des mouvements révolutionnaires, faites d’expériences et de tentatives, de réussites, d’échecs, de joies et de déceptions, doit permettre aujourd’hui à ceux qui continuent de porter son héritage de pousser la réflexion et l’élaboration collective sur les enjeux, les espoirs et les difficultés, avec lesquels ils sont aux prises maintenant, pour enfin sortir de la muséification et entrevoir enfin la révolution !

Sonntag, 08. September

10:00 Uhr

Veranstaltung mit Margrit Schiller über Exil und Flucht

[deutsch]

Exil – eine Reise, nicht freiwillig und auf unbestimmte Zeit, in eine unbekannte Welt. Über Erfahrungen von einer solchen Reise, die fast 20 Jahre dauerte, erzählt Margrit Schiller. Menschen mußten „schon immer“ ins Exil in die Fremde ziehen und alles zurück lassen. In den letzten 70 Jahren war der Zufluchtsort oft Europa (und die USA). In Berlin leben viele, die diesen Weg gegangen sind. Margrit mußte den umgekehrten Weg gehen. 2003 ist sie nach Deutschland zurück gekehrt, aber „das Exil hört nie auf“, sagt sie.

[Ergänzung ABMB:] Aufgrund dessen, dass in der Gegenwart und den letzten Jahren so viele Menschen wie schon seit langem nicht mehr in der BRD aufgrund ihrer politischen Aktivität auf der Flucht sind (z.B., das Antifa Ost Verfahren, Antifa Budapest Verfahren, Daniela Klette – RAF, usw.), halten wir es für wichtig eine Diskussion mit eben jenen zu machen, die diese Erfahrung gemacht haben und auf der Flucht gewesen sind und uns darüber erzählen können.

Denn gegen den Kapitalismus und gegen den Staat zu kämpfen bedeutet immer Knast, Flucht, Exil und Tod. Dies sind keine abstrakten und/oder akademischen Fragen, sondern dies ist, was uns die herrschende Geschichte lehrt, zeigt und daher enorm wichtig ist, deswegen sind dies Fragen mit der sich jede Person, Gruppe und Kollektiv auseinandersetzen muss. Denn der Staat vergisst nie, der Staat wird bis zum Schluss seine Feinde verfolgen und ausschalten.
Margrit ging 1985 in das Exil nach Kuba und später nach Uruguay, bis sie 2003 in die BRD zurückkehrte.

12:00 Uhr

Revolte und Organisation – Nationaler Streik 2021 in Kolumbien [español/deutsch]

Die Revolte gegen die Regierung von Iván Duque während des nationalen Streiks 2021 zeigte der kolumbianischen Gesellschaft, dass die Formen des Kampfes, die damals stattfanden, Auswirkungen auf das Schicksal des Landes haben konnten. Doch die Tausenden von Menschen, die auf die Straße gingen, um die sofortige Rücknahme der Steuerreform und den Rücktritt von Präsident Duque zu fordern, führten nicht nur zur Aufhebung der Steuerreform, sondern auch zum Wechsel von der traditionellen rechtskonservativen Regierung zu einer progressiven und linken. In diesem Zusammenhang wollen wir auf zwei Dinge eingehen: Erstens wollen wir hervorheben, wie die solidarische Organisation der Stadtteile zusammen mit dem Kampf der indigenen Völker, die direkten Aktionen der Menschen gegen die Institutionen und Symbole, die Macht und Kapital repräsentieren, die Selbstverwaltung, die den Aufstand aufrechterhielt, und die Gründung der Primera Línea Schlüsselelemente des Kampfes waren, der die Regierung an der Macht in Schach hielt. Zweitens möchten wir darüber nachdenken, welche Rolle die kolumbianischen Anarchistinnen und Anarchisten während der Revolte spielten und ob der Regierungswechsel tatsächlich die Beseitigung von sozialer Ungerechtigkeit und Ausbeutung bedeutete oder ob er im Gegenteil nur Elend und Korruption verschleierte.

(english) Revolt and organisation-National strike 2021 in Colombia

The revolt against the government of Iván Duque during the national strike of 2021 showed Colombian society that the forms of struggle that took place at that time could have an impact on the destiny of the country. However, the thousands of people who took to the streets to demand the immediate withdrawal of the tax reform and the resignation of President Duque resulted not only in the repeal of the tax reform but also in the change from the traditional right-wing conservative government to a progressive, left-wing one. In this context we want to discuss two things, the first is to highlight how the solidarity organisation of the neighbourhoods, together with the struggle of the indigenous peoples; the direct action of the people against the institutions and symbols that represent power and capital; the self-management that sustained the revolt and the creation of the First Line, were key elements of the struggle that put the government in power in check. Secondly, we would like to reflect on the role played by Colombian anarchists during the Revolt and whether the change of government actually meant the elimination of social injustices and exploitation or whether, on the contrary, it only disguised misery and corruption.

(español) Revuelta y organización-Paro nacional 2021 en Colombia

La revuelta en contra del gobierno de Iván Duque durante el paro nacional del 2021 mostró a la sociedad colombiana que las formas de lucha que se dieron en ese momento podían incidir en el destino del país. Sin embargo, las miles de personas que salieron a las calles para exigir al gobierno nacional el retiro inmediato de la reforma tributaria y la renuncia del presidente Duque resultaron no solo con la derogación de dicha reforma sino con el cambio del tradicional gobierno conservador de derecha por otro progresista y de izquierda. En este contexto queremos discutir sobre dos cosas, la primera se trata de resaltar cómo la organización solidaria de los barrios, unida a la lucha de los pueblos indígenas; la acción directa de las personas en contra de las instituciones y los símbolos que representan el poder y el capital; la autogestión que sostuvo la revuelta y la creación de la Primera Línea, fueron elementos clave de lucha que pusieron en jaque al gobierno de turno. En segundo lugar, nos gustaría reflexionar acerca del papel que jugaron los anarquistas colombianos durante la Revuelta y si el cambio de gobierno en realidad significó la eliminación de las injusticias sociales y de la explotación o por el contrario solo disfrazaron la miseria y la corrupción.

14:30 Uhr

Marcelo Villarroel: Presentation of the Zine “Some writings on Kamina
Libre: Irreducible Identity of an Anti-Prison Struggle” [english]

Here we present compilation of texts on the autonomous anti-prison struggle undertaken by a group of young Subversive fighters between 1995 and 2004 in prison in the first high security prison of the Chilean transition.

One of its former members is Marcelo Villarroel, a subversive prisoner who is still locked up in the maximum security prison thanks to the military justice inherited from the dictatorship and improved in democracy to lock up combatants who did not lay down their arms and did not believe in the democratic way to put an end to the dictatorship.

“…Insurrectional memory, counterculture, mutual support, horizontality, direct action, affinity, minority combat, ties of autonomous complicity and subversion, anti-prison resistance…a struggle that still persists in the prisons of the state…”.

“The most important thing of all is that we never gave up, we never stopped being who we were or acting as we thought we were, we were always the same, we never stopped fighting”.

Introduction to chilean prisons

The subversive struggle that has been going on in chile since the dictatorship is still alive in the prisons of that territory. during the more than 20 years since the return to democracy, the state has been in charge of intensifying the repression against the old fighters and anarchist and revolutionary militants, as well as against the warriors of the mapuche people. Amendments of the laws on anti-terrorism and arms control make it easier today to give higher sentences without any mediation to the imprisoned comrades. But organising inside the prison is an ancient practice, part of the culture of resistance developed by various individuals and collectives who keep their political struggles alive from inside the walls.

“Because no sentence will be for life, and no jail will be a high security prison.!!!”

17:00 Uhr

Offene Debatte und Kritik am Plattformismus [deutsch]

1926 veröffentliche eine sich im Exil befindende anarchistische Gruppe in Paris, bestehenden aus Personen (Machno, Mett, Arschinow, Walewski, Linski, u.a.) aus dem damaligen Russischen Imperium, bzw. ab 1922 aus der UdSSR, einen Textvorschlag für die anarchistische Bewegung weltweit.

Diese Schrift ist mit dem Titel Organisationsplattform der Allgemeinen Anarchistischen Union (Entwurf) bekannt und wurde von Gruppe russischer Anarchisten im Ausland unterschrieben. Im Allgemeinen als Plattformismus ging es in die Geschichte ein und ist als solcher auch bekannt.

Im Großen und Ganzen wollte dieser Text eine kurze Aufarbeitung der Niederlage der anarchistischen Bewegung während und nach der Russischen Revolution von 1917 bis 1921 sein und zugleich ein Vorschlag an diese, damit sich die Fehler, die nach den Verfassenden von eben jener anarchistischen Bewegung begangen wurden, nicht wiederholen. In ihrer zugleich Kritik und Vorschlag, warfen die Verfassenden der anarchistischen Bewegung vor, weder in der Theorie noch in der Praxis einheitlich zu sein. Da jeder, ihrer Ansicht nach, während der Revolution gemacht hatte, was er oder sie wollte, im individuellen wie im kollektiven Sinne, ob formell oder informell, ließ man den Bolschewiki freie Hand, damit sie die Macht ergriffen. Was zur Eliminierung aller revolutionären Kräfte führen sollte.

Diese, für die Verfassenden, chaotische Situation konterten sie mit dem Vorschlag einer einzigen anarchistischen Organisation, die nicht nur alle Strömungen, außer Individualistinnen und Individualisten, die mochten sie gar nicht, vereinen sollte, sondern innerhalb einer einzigen Organisation gleichsetzen. Ein Exekutivkomitee, eine einheitliche Theorie sowie ein einheitliches Programm (Ideologien wenn man uns fragt) und eine einheitliche Praxis.

Die Erwiderung ließ nicht auf sich warten und fortan kritisierten weltweit sehr viele anarchistische Gruppen, Zeitungen und Individuen diesen Vorschlag sehr scharf, auch von jenen die dieselben Erfahrungen in der Russischen Revolution gemacht hatten, aber zu anderen Schlussfolgerungen kamen. Für all jene, die sich dafür interessieren, diese Debatte wurde in einige Sprachen übersetzt, auf deutscher Sprache machte sich bis jetzt niemand den Aufwand, umso weniger die, die diesen Vorschlag nach wie vor verteidigen.

Im Verlauf der Debatte, verstanden vor allem als Kritik, wurde der Entwurf als die Bolschewisierung des Anarchismus betitelt, was später bei einem der Verfasser auch der Fall war, nämlich Peter Arschinow, als auch als die Zentralisierung der anarchistischen Praxis, die Erdrosselung der kollektiven und individuellen Autonomie sowie vieles mehr.

Nun, dies alles gehört zwar der Vergangenheit an, aber ideologische Untote und untote Ideologien sind hartnäckig und kommen immer wieder aus ihren Gräbern herausgekrochen.

Wie Jesus ans Kreuz für die Sünden der Menschheit sich opferte und das Märtyrertum auf seine Schultern trug, machen die Anhängerinnen und Anhänger des Plattformismus das gleiche mit den, in ihren Augen, Sünden der anarchistischen Bewegung bis in unsere Tage. Alle von uns, die eben nicht in dieser einen Organisation organisiert sind, sind nicht nur verdammt, sondern wir haben nichts verstanden. Die Kritiken sind dieselben wie von 1926, eine einheitliche Organisation, Taktik, Theorie und Programm würde all unsere Probleme lösen. Aber uns geht es hier nicht um scholastische Debatten, sondern darum ein weitere Mal zu unterstreichen, warum dieser Vorschlag falsch und ein Trugschluss ist.

Dabei präsentierten sich gerade eben jene die den Plattformismus verteidigen, indem sie sich von Mythen und weiteren philisterhaften Vulgarisierungen nähren, als die einzigen Retterinnen und Retter des Anarchismus. Sie seien die einzigen Organisierten, die einzigen, die den Klassenkampf verteidigen. Der Rest von uns kann es nicht sein, weil wir nicht in ihrer erlösenden Kurie sind. Viele Anarchistinnen und Anarchisten haben entlang der Geschichte so argumentiert, egal welcher Strömung. Indem sie die anderen um so mehr als Versagerinnen und Taugenichtse präsentieren, um so mehr beschönigen sie ihr eigenes Projekt als das Einzige wahre.

Die Schwerpunkte unserer Kritik sind folgende:

– Eine historische Kritik, warum die anarchistische Bewegung in ihrer Gesamtheit diesen Vorschlag ablehnte. Warum es zu seiner Zeit schon eine falsche Dichotomie war, eine Lernstunde über Erkenntnis- und Standpunkttheorie.
– Eine gegenwärtige Kritik, wie präsentieren sich Gruppen und Organisationen die diese Ideologie verteidigen, was für ein Bild geben sie von der restlichen anarchistischen Bewegung.
Auch wenn wir uns auch gerne mit seiner lateinamerikanischen deformierten Metamorphose, dem Especifismo in Form einer Kritik auseinandersetzen wollen würden, weil dieser nicht nur den Populismus verteidigt und die daraus immanente Kategorie des Volkes, wir arbeiten schon daran, aber der Platz dafür wird uns zeitlich fehlen. Vielleicht ein paar Sätze dazu wenn Platz ist.

Texte, die sich kritisch mit der Thematik auseinandersetzen hier:

– Über die Schuppen im libertären Milieu von Argelaga

– ZWISCHEN DER PLATTFORM UND DER PARTEI: DIE AUTORITÄREN TENDENZEN UND DER ANARCHISMUS von Patrick Rossineri

– WIE ANARCHISTISCH IST DIE PLATTFORM? von Venomous Butterfly Publications

– Hölzerne Schuhe oder Plattformschuhe? Zur „Organisatorischen Plattform der Libertären Kommunisten“ von Bob Black

– (Chile) In Erinnerung an Mauri, Text aus der Biblioteca Antiautoritaria Sacco y Vanzetti

– (Chile) Dies ist keine Zeit für die Sanftmütigen und Barmherzigen, Text der Gefährt*innen der Biblioteca Antiautoritaria Sacco y Vanzetti

– (Chile 2014) Diskussion-Kritik über Plattformismus (aber nicht nur)

1Here is the text in different languages: https://ilrovescio.info/2023/09/22/sabotage-the-war-translation-in-various-languages-of-anarchist-call-for-a-mobilization-against-the-war-in-ukraine-en-es-de/

2Hier ist der Text der auf verschieden Sprachen übersetzt wurde: https://ilrovescio.info/2023/09/22/sabotage-the-war-translation-in-various-languages-of-anarchist-call-for-a-mobilization-against-the-war-in-ukraine-en-es-de/

passiert am 02.08.24