5 Jahre Hanau-Die Konesquenz bleibt Widerstand!
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Nach 5 Jahren Hanau rufen wir bundesweit zum Antirassistischen Kampftag auf!
Am 19. Februar 2020 wurden Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov von einem polizeibekannten Faschisten in Hanau ermordet.
Hanau – 5 Jahre später
Heute, fünf Jahre später, wissen wir: In der Tatnacht waren die Notausgänge der Shishabar versperrt, Notrufe nicht besetzt, die zuständigen faschistoiden SEKs nicht am Einsatzort. Natürlich wurden zuerst Angehörige und Opfer verdächtigt. Es gab niemals eine Entschuldigung, geschweige denn Aufklärung oder politische Konsequenzen – Beweise wurden vernichtet, Hinterbliebene werden bedroht, Gedenkdemos von Bullen niedergeprügelt. Die deutsche Schweigekultur drängt das rassistische Attentat als einen von hunderten Einzelfällen aus dem Sichtfeld und ins staubige Archiv der „Aufarbeitungsweltmeister“. Würde, Gleichberechtigung, Kampf gegen Rechts? Fehlanzeige. Sündenböcke, Projektionsflächen, Zielscheiben.
Politiker:innen versprachen nach Hanau Aufklärung und Konsequenzen. Wir stellen heute, sowie alle Jahre davor fest: Diese gab es nicht. Im Gegenteil: die deutsche Gesellschaft, Medienhetze und menschenverachtende Politik der letzten Jahrzehnte haben den Nährboden für eine Tat geschaffen, die brutal und schockierend war – aber sich genauso, jederzeit wiederholen kann und wird. Die politischen Entwicklungen lassen uns nicht daran glauben, dass es in Zukunft kein zweites Hanau geben wird.
Rassismus als Spaltungsmechanismus
Rechtes und faschistisches Gedankengut ist Alltag, und das nicht erst seit fünf Jahren – nein, Rassismus ist Alltag im Kapitalismus. Besonders in Zeiten von wirtschaftlichen Krisen, wird Rassismus genutzt um die Arbeiter:innenklasse ideologisch zu spalten. Diese Spaltung zeigt sich in repressiven Taktiken eines Systems auf, was sich selbst legitimieren muss – so wird (über-)ausgebeutet, Sozialleistungen gekürzt, Antifaschist:innen im Knast weggesperrt, rassistische Forderungen und Gesetze in den Parlamenten durchgedrückt, rechte Hetze von Medien reproduziert und antikoloniale Kämpfe von Bullen in den Straßen Neuköllns niedergeknüppelt. Migrant:innen und Geflüchtete werden mit Messer- und Clankriminalität assoziiert, Olaf Scholz spricht davon, dass man „im großen Stile abschieben“ müsse.
Währenddessen sollen Geflüchtete mit entmündigenden Bezahlkarten auskommen, im Idealfall europäisches Festland gar nicht mehr erreichen – und wer es doch hierherschafft, soll für wenig Geld viel ackern. Für eine effektivere Abschiebemaschinerie sprießen „sichere Drittstaaten“ aus dem Boden – für die eigene Ökonomie werden deutsche Waffen an faschistoide Staaten verkauft. Deutsche Waffen, die Geflüchtete erst zu welchen machen.
Deutschland und „der importierte Antisemitismus“
Parallel zu all dem wird vom „importiertem Antisemitismus“ gesprochen. Die Tatsache, dass in dem Land der Täternachfahren, antisemitische Straftaten vor allem dann zum Problem werden, wenn sie von Araber:innen oder Muslim:innen begangen werden, während es bei deutschen Politiker:innen als Jugendsünde abgetan wird, verdeutlicht die Scheinheiligkeit all dessen. Letzteres erkennt man auch daran, dass Deutschland nie richtig entnazifiert wurde und auch in den letzten Jahren zeigt sich ein institutionalisierter Rassismus und Antisemitismus, in welchem hochrangige Militärs, Bullen, Staatsanwält:innen, Richter:innen, Geheimdienste und andere Faschos gemeinsame Sache gegen Linke, Migras und Jüd:innen machen.
Alle paar Wochen eine neue Chatgruppe bei den Bullen, die vor Hitlerverehrung trieft, Politiker:innen die nicht trotz, sondern wegen Holocaustleugnung Karriere machen, Angriffe auf Synagogen – mit überwältigender Mehrheit von rechts, aus der Mitte der Gesellschaft heraus, von weißen Deutschen. Und der deutsche kollektive Antisemitismus, sichtbar auf Schwurbler- oder auch Anti-CSD-Demonstrationen wie in Bautzen, wird ignoriert und gesellschaftspolitisch nicht problematisiert. Gleichzeitig stehen Migrant:innen unter dem Generalverdacht des Antisemitismus – parallel schließt dir Deutschland für dein Free Palestine deine Ausstellung, kündigt dir deinen Job, schiebt dich in ein Kriegsgebiet ab.
Ausbeutung braucht Rassismus!
All die genannten Mechanismen ermöglichen eine proaktive Überwachung und Kontrolle von Menschen mit Migrationshintergrund, vor allem aber die Überausbeutung dieser – denn wir Migrant:innen sind es, die in scheiß Jobs an deutschen Baustellen, Spargelfeldern, Schlachtereien, Pflegeheimen und Krankenhäusern unter scheiß Arbeitsbedingungen für einen Hungerlohn arbeiten. Und wenn wir nicht gebraucht werden, werden wir abgeschoben. Rassismus zeigt sich in seiner spaltenden Wirkung in die Arbeiter:innenklasse, hier sowohl als ideologischer Kleber als auch Brandbeschleuniger: denn ein Arbeiter mit Schaum vorm Maul, vor Hass auf den Ausländer mehr – ist ein Arbeiter weniger mit Schaum vor dem Maul, vor Hass auf das System.
Hanau war kein Einzelfall – raus zum antirassistischen Kampftag!
Die Spaltungen und rassistische Hetze gipfeln letztendlich im rassistischen Mord. Und die deutsche Geschichte lehrt uns: Hanau war kein Einzelfall und wird kein Einzelfall sein. Hanau ist bereits das zweite Halle. Halle ist der zweite NSU. Und der NSU das zweite Solingen. Und Solingen das zweite Rostock-Lichtenhagen. Rechten Terror zu bekämpfen war nie das Ziel – das Ziel waren wir.
“Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen” – sagte einst die Antifaschistin, Antizionistin und KZ-Auschwitz-Birkenau-Überlebende Esther Bejarano. Es ist die einzige logische Konsequenz, die gezogen werden kann, wenn man Opfern rechter Gewalt wirklich solidarisch zur Seite stehen will. Was wir brauchen, ist Widerständigkeit und Gegenmacht. Wir wollen nicht nur den Toten gedenken, sondern für die Lebenden und eine bessere Zukunft kämpfen!
Dies bedeutet, sich von ritualisierten Lippenbekenntnissen von Politiker:innen nicht belabern zu lassen, es bedeutet Zusammenhänge zu verstehen und Zusammenhalt zu leben. Sich nicht von einem System verarschen zu lassen, welches uns schon zu Vieles und zu Viele genommen hat. Dafür organisieren wir uns mit unseren Klassengeschwistern zusammen, um uns nicht von einem kompromisslosen, kapitalistischen System fortwährend ausbeuten zu lassen. Darum heute und für immer: Für uns und unsere Zukunft, und für die, deren Zukunft genommen wurde, für alle, die ermordet wurden – heraus zum antirassistischen Kampftag am 19. Februar!
Kein Vergeben – Kein Vergessen!
Berlin 19.02. || Gedenkkundgebung: 17:30
Demostart || 19:00Uhr || „Sonnencenter“ || High-Deck-Siedlung || Neukölln
passiert am 19.02.2025