Broschüre: Zwischen Mafia & Kolonialismus – Die Last der italienischen Atomkraft
Da Italien derzeit eine Endlagerstätte für seinen Atommüll (in Anwendung der europäischen Richtlinie von 2011 über die Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente) anstrebt, hielten wir es für wichtig, Informationen über den Kontext der « Entsorgung » von Atommüll in Italien zu liefern. Tatsächlich stieg Italien 1987 (anderthalb Jahre nach Tschernobyl) per Referendum aus der Atomenergie aus, aber der zivile Atomenergiesektor ist noch lange nicht abgeschlossen. Es gibt weltweit noch keine Lösung für einen sicheren Umgang mit den strahlenden Abfällen. Die Bewältigung der Folgen der Atomenergienutzung ist nicht nur jetzt, sondern auch für kommende Generationen eine große Belastung und Herausforderung.
Im Zusammenhang damit, dass Italien der zweitgrößte Stromimporteur der Welt ist, kündigte die Regierung von Silvio Berlusconi im März 2008 die Rückkehr zur Atomkraft an. 2009 unterzeichneten Berlusconi und Sarkozy ein Abkommen zur Gründung eines Unternehmens, das zur Hälfte EDF und Enel gehört (das italienische Gegenstück zu EDF, das 1999 privatisiert wurde). Das Ziel war der Bau von mindestens vier Reaktoren vom Typ EPR. Nach Fukushima und einem erneuten Referendum wurde schließlich entschieden, die Atomenergienutzung in Italien zu beenden {(Text 3)}.
Mit der Stillegung der AKWs stellte sich nun das lange verdrängte Problem der « Entsorgung » des zwischen 1966 und 1987 angefallenen Atommülls. 2003 hatte Italien geplant, ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Scanzano in der Region Basilikata zu errichten. Heftiger Widerstand der Bevölkerung vor Ort und der wiederauflebenden antiAtombewegung brachten das Projekt zum Scheitern {(Texte 1 und 2)}. Das Problem wurde stillschweigend in die Zukunft verschoben.
Nun ist -auf Druck der EU- Italien erneut mit dem Atommüllproblem konfrontiert. Anfang 2021 veröffentlichte Sogin (die Agentur, die stillgelegte AKWs und nukleare Abfälle verwaltet) eine Liste von Gebieten in Italien, die sie für den Bau eines nationalen Endlagers für mittel- und schwachaktiven Atommüll und die Zwischenlagerung von hochradioaktiven Abfällen für geeignet hält. Wenig überraschend scheint es, dass niemand dieses Lager-Zentrum will {(Text 1)}.
In dem Zusammenhang mit der ungelösten Atommüllproblematik und gerade stattfindenen Mafia-Prozessen tauchen in den Medien auch illegale Praktiken der Atommüll-« Entsorgung » wieder auf.. Insbesondere wird die Tatsache angeprangert, dass der radioaktive Abfall Teil eines illegalen und internationalen skandalösen Geschäfts ist. In der Tat ist die Entsorgung giftiger und radioaktiver Abfälle im Mittelmeer und ihre Verbringung in afrikanische Länder, insbesondere Somalia, seit Jahrzehnten zu einer kommerziellen Aktivität geworden, wenn auch illegal und geheim {(Texte 4, 5 und 6)}. So hat der italienische Staat lange Zeit mit der Mafia kooperiert, um das Problem des Atommülls loszuwerden.
Diese Textsammlung wurde ursprünglich in der Zeitschrift Anti Atom Aktuell, in der Ausgabe Februar 2021 (Nr. 291) veröffentlicht. Ein großes Dankeschön an die Macher*innen des Magazins für die geleistete investigative Arbeit und ihre Bereitschaft, die internationale Dimension in den Anti-Atom-Kämpfen zu erhalten. Lasst uns weiterhin Kämpfe über Staats- und Sprachgrenzen hinweg verbinden!
{{Nieder mit der Atomkraft, nieder mit den Grenzen!}}
{{Zusammenfassung}} :
1) Liste von potentiellen zentralen Endlagerstandorten veröffentlicht. Wo wird das Endlager sein, das keiner will ?{ S. 4}
2) Rückblick 2003 – Atommüll-Endlager Scalzano Jonico : erfolgreicher Widerstand {S. 9}
3) Atomprojekte und Umgang mit dem Atommüll {S. 12}
4) Handel mit Afrika : Gift- und Atom-Müll gegen Waffen und Geld{ S. 17}
5) Giftmüll im Mittelmeer : aus den Augen aus dem Sinn{ S. 19}
6) Investigativen Recherchen in Somalia kosteten sie das Leben : Ilaria Alpi und Miran Hrovatin 1994{ S. 23}
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