Organigramm: Das sind die kaum bekannten Firmenlenker hinter Gorillas
Von 0 auf mehr als 11.000 Mitarbeiter in einem Jahr: Gorillas ist so schnell gewachsen wie kaum ein anderes Startup je zuvor. Wir zeigen, wer die Firmenlenker hinter dem Unicorn sind.
Beim Berliner Lieferdienst Gorillas zeigen sich gerade offensichtliche Wachstumsschmerzen. Nachdem die erst ein Jahr junge Firma innerhalb weniger Monate auf tausende Angestellte anwuchs, mehr als 240 Millionen Euro von Investoren kassierte und so letztlich zum Einhorn [d.h. mit über einer Milliarde bewertet] wurde, war es mit den Positivschlagzeilen vorbei. Im Februar verließ Mitgründer Jörg Kattner das Startup überraschend, sein COO-Kollege Felix Chrobog warf wenige Wochen später ebenfalls hin. Beide seien mit dem Tempo, das Gorillas-CEO Kagan Sümer beim Eintritt in neue Märkte vorlegte, nicht zurechtgekommen, hieß es aus dem Unternehmensumfeld gegenüber Gründerszene.
Doch damit nicht genug: Auch unter den hunderten Fahrradkurieren der Firma krachte es. Aus Wut über einen gekündigten Kollegen kam es im Mai zu wilden Streiks. Diese mündeten – von vielen Medien öffentlichkeitswirksam begleitet – in Vorbereitungen zu einem Betriebsrat. Von außen betrachtet schien Gorillas-Chef Sümer die Kontrolle über sein Milliarden-Startup zu entgleiten. So mancher soll bereits seinen Rücktritt gefordert haben.
Drei neue Führungskräfte in wenigen Wochen
Im Gesellschafterkreis scheint dies bislang jedoch keine Option gewesen zu sein. Er sehe noch nicht, dass Sümer ausgetauscht werden müsse, sagt ein Investor zu Gründerszene, der anonym bleiben möchte. Was der Gorillas-Gründer vielmehr brauche, seien „starke Manager“ neben sich. Diese könnten das operative Geschäft professionalisieren. Sümer wiederum könne mit seiner „Authentizität“ die Vision der Firma verkaufen.
Schaut man sich das Organigramm von Gorillas an, scheint Sümer den Ratschlag beherzigt zu haben. In den vergangenen Wochen hat das Startup viele neue Führungspositionen geschaffen. Angefangen mit Deena Fox, seit August hat die Amerikanerin den Posten als Global Chief People Officer inne. In ihrer Rolle soll Fox für Gorillas eine „globale Personalstrategie“ entwickeln und eine nachhaltige Unternehmenskultur aufbauen. Zuvor war Fox unter anderem als Personalerin bei Amazon und der E-Commerce-Plattform Jet tätig. „Mit der Ernennung von Fox konzentriert sich Gorillas noch stärker auf seine Mitarbeiter und stärkt gleichzeitig seine Führungsebene“, heißt es in einer Mitteilung. Ihr unterstellt sind mit Lilian Berge und Claudio V. Martay zwei Chiefs of Staff.
Nur wenige Wochen nach Fox‘ Jobantritt verkündete Gorillas weitere wichtige Neuzugänge. So wurde die C-Level-Ebene Anfang September mit Adrian Frenzel (38) um einen erfahrenen Szenekopf ergänzt. Frenzel kümmert sich als Chief Operating Officer um die konkrete Wachstumsstrategie des Lieferdienstes, was Gorillas-Chef Sümer deutlich entlasten dürfte. Anders als Sümer bringt Frenzel bereits langjährige Erfahrung in der Lebensmittelbranche mit. Frenzel baute als Co-CEO etwa das US-Geschäft von Hellofresh auf. Außerdem kümmerte sich der gebürtige Hamburger zuletzt um die kriselnde Rocket-eigene Cateringmarke Eatfirst.
Seit Anfang 2022 verantwortet Frenzel zudem den Bereich des ehemaligen Chief Commercial Officers Ronny Gottschlich. Gottschlich hatte das Unternehmen Ende vergangenen Jahres verlassen.
Hunderte Stellen noch unbesetzt
Ebenfalls neu an Bord ist Elmar Broscheit (44), der als Chief Financial Officer Chefbuchhalter bei Gorillas wird. Die Personalie erscheint zunächst ungewöhnlich. Denn Broscheit bringt im Unterschied zu seinen neuen C-Level-Kollegen keine vergleichbare Vorerfahrung mit. Vielmehr hat er sich zuletzt als Investor einen Namen gemacht, so war Broscheit als früher Geldgeber beim E-Scooter-Startup Tier Mobility oder dem Ghost-Restaurant-Venture Honest Food involviert. Ebenfalls in seiner Vita stehen Board-Mandate bei Lieferando und Stocard. Das Buchhalter-Handwerk hat er als Master in „Finance and Accounting“ an der University of Sydney gelernt.
Die C-Level-Ebene hatte Gorillas damit eigentlich komplettiert. Doch nach Gründerszene-Informationen ist im vergangenen Jahr der bisherige Chief Technology Officer Ronny Shibley ebenfalls aus dem Unternehmen ausgeschieden. Die Stelle ist nach wie vor offiziell noch nicht neu besetzt. Aus den Stellenausschreibungen auf der Homepage geht zudem hervor, dass das Unternehmen weitere Führungskräfte an der Seite von Gorillas-Chef Sümer sucht. Es sind hunderte Stellen offen – zum Beispiel einen VP, Global People Experience & Culture.
Dieser Text erschien zuerst im September 2021. Er wurde aktualisiert und neu veröffentlicht.
Zumindest bei Gorillas ist bekannt, dass sie in der Vergangenheit viele ihrer Fahrerinnen und Fahrer über Personaldienstleister wie etwa Zenjob rekrutiert haben. (…) Auch das Münchner Startup Drivehero hat sich auf die Vermittlung von Ridern für Lieferdienste fokussiert.
Das empfehlen sie auch Gorillas. Das Unicorn kooperierte vor einem halben Jahr mit der Streetwear-Marke Highsnobiety, gemeinsam brachten sie Hoddies und T-Shirts mit Bananen-Print heraus. Gorillas sollte nicht nur sein Sortiment um Alltagsgegenstände erweitern, sondern auch Merchandise herausbringen, meint Ladd. Genügend Fans habe das Startup.
Die Beteiligungsfirma des bekannten Investors Christoph Maire, Atlantic Food Labs, war lange Zeit hauptsächlich unter Food-Gründern bekannt. Mit der Investition in den 10-Minuten-Lieferdienst Gorillas im Sommer und dem anschließenden Hype des Startups bekam der VC wieder mehr Aufmerksamkeit. Seitdem hat sich einiges getan bei dem Fonds von Maire.
Hinter dem Fonds steckt nicht nur das Wissen und Netzwerk des erfolgreichen Unternehmers Christophe Maire, auch der Food-VC Döhler Ventures, die Prosiebensat.1-Tochter Sevenventures, Dr. Oetker und Bitburger Ventures sind an Atlantic Food Labs beteiligt – im Grunde Konkurrenten, denn auch sie suchen nach dem lukrativsten Investment in der Lebensmittelbranche.
Delivery Hero ist seit Oktober an dem 10-Minuten-Lieferdienst beteiligt. Das Dax-Unternehmen zahlte damals 200 Millionen Euro für acht Prozent der Anteile. (…) In der Series C kam sogar noch rund eine Milliarde Dollar dazu, umgerechnet etwa 860 Millionen Euro. Das Geld kam unter anderem von Delivery Hero, DST Global und Tencent.
(…) Der 10-Minuten-Lieferdienst hat ein eigenes Plattenlabel gegründet, das ausschließlich Künstler aus den eigenen Reihen unter Vertrag nimmt.
Pedal Records heißt das Label, eine Anspielung auf die Fahrradpedale und das Herzstück des Unternehmens: die Kurierfahrer. Die tragende Rolle übernimmt das Berliner Indie-Label MNF, kurz für Meine Neuen Freunde. Dahinter stecken Mateo Jasik, Frontmann der Berliner Reggae-Band Culcha Candela, sowie deren Managerin Teresa Piejek. MNF ist rund drei Jahre alt und fokussiert sich auf Urban Pop und Dance-Musik. In der Berliner Musikszene ist das kleine Plattenlabel und dessen Künstler wenig bekannt.
passiert am 15.03.2022