Das B-Team: Schneller als die Repression erlaubt

Am 10.06.2020 fanden in Leipzig-Connewitz Hausdurchsuchungen in neun Wohnungen statt. In fünf Fällen lautet der Tatvorwurf schwerer Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gegen eine Gruppe von Neonazis am Bahnhof Wurzen. Aufgrund der dünnen Beweislage, scheint jedoch der mit einer Hausdurchsuchung einhergehende, einschneidende Angriff auf linke Menschen in Leipzig dabei im Vordergrund zu stehen.

Für die betroffenen Personen waren die Hausdurchsuchungen schwerwiegende Einschnitte in ihre Privatsphäre. Ihre Auswahl scheint nach willkürlichen Kriterien getroffen worden zu sein. So sind sie Beschuldigte in dem Verfahren, weil sie am Tag des Angriffs in Wurzen untereinander telefonisch Kontakt hatten, im Landkreis Leipzig geblitzt und auf dem Foto mutmaßlich erkannt wurden oder aber auf Twitter den Hashtag zu Neonaziveranstaltungen in Dresden gesucht hatten. „Dass Freunde Kontakt untereinander haben, dass politisch interessierte Menschen auf Twitter nach dem aktuellen Tagesgeschehen suchen oder in ihrer Freizeit im Landkreis Leipzig unterwegs sind, ist für uns jedoch Normalität und kein Grund derart massive Repressionen zu erfahren.“, so Ines Blitz, Pressesprecherin der Solidaritätsgruppe.

Ebenfalls erschien der Ablauf der Hausdurchsuchungen sehr willkürlich. Ines Blitz ordnet das Vorgehen dabei wie folgt ein: „Bei einigen war von der Straße nicht ersichtlich, dass eine Hausdurchsuchung statt fand, bei anderen standen Polizist*innen mit Maschinenpistolen und Sturmhaube vor den Häusern. Die Wehrhaftigkeit des Staates gegen „links“ sollte betont demonstriert werden und ein starkes Bild entstehen, welches medial ausgeschlachtet werden konnte. Umgekehrt kam es zu keinen Hausdurchsuchungen gegen die mehr als 200 Neonazis, die am 11. Januar 2016 im Stadtteil Connewitz Menschen und Geschäfte angriffen.“

„Dennoch ist es eben genau diese Willkürlichkeit und vorgeschobene Machtdemonstration, die uns darin ermutigt uns von staatlichen Repressionsorganen nicht klein kriegen zu lassen und uns in unserem Zusammenhalt und unserer gegenseitigen Solidarität bestärkt“, sagt Ines Blitz. Angesichts der in Sachsen, aber auch bundesweit zunehmenden sogenannten „Einzelfälle“ rechter Gewalt und Organisierung, die bis in staatliche Strukturen hineinreichen, ist ein solcher gesellschaftlicher Gegenentwurf eigentlich nur zu begrüßen.

Die durch Polizei und Medienhetze herbeikonstruierte Gewaltspirale im Leipziger Stadtteil Connewitz soll vor allem der Zerschlagung alternativer Strukturen und Ideen dienen. Und in diesen Kontext ordnet die neu gegründete und die Betroffenen unterstützende Solidaritätsgruppe „B-Team“ auch die stattgefundenen Hausdurchsuchungen ein.

„Aufgrund des starken Widerstandes gegen die zunehmende Verdrängung und Gentrifizierung in Leipzig-Connewitz gerät dieser Stadtteil immer wieder bundesweit in die Schlagzeilen. Wenn die Anwohner*innen ihre Wut und Ohnmacht zum Ausdruck bringen, wird der mediale Diskurs von rechten Akteur*innen wie der CDU oder Polizeigewerkschaft vereinnahmt. Immer wieder wurde von diesen mehr Polizei und staatliche Kontrolle im Kiez gefordert, was letztlich auch zur Gründung der Soko LinX [- Sonderkommission Linksextremismus des LKA Sachsen -] führte.“, soInes Blitz. Die SoKo stehe seither unter massivem Handlungsdruck Ermittlungserfolge zu liefern:

„Da es sich jedoch vor allem um einen medialen Diskurs handelt, der wenig mit realen Ereignissen einhergeht, konnten bisher kaum Beweise erbracht werden. Schon in zwei vorausgegangen, bereits abgeschlossenen Verfahren nach § 129 wurden Bewohner*innen des Stadtteils generell verdächtigt und mit Repression überzogen. Bis heute ohne haltbare Beweise.“

Der Druck wird auch weiterhin steigen. Da die Polizei und Staatsanwaltschaften geradezu freie Hand bei der Konstruktion ihrer Ziele haben, bleibt uns nur dagegen zu halten. Die dafür gegründete Solidaritätsgruppe wird zu Aktionen aufrufen, sollte es tatsächlich zu Anklagen oder weiteren Razzien kommen.

Für weitere Nachfragen an Ines Blitz:
solidaritaet1006@riseup.net

Solidaritätsgruppe „B-Team“
https://bteam.noblogs.org

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passiert am 27.10.20